Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Was Naturbeobachter so alles heraus bekommen: Singvögel, die in Städten leben, singen lauter und höher als ihre Artgenossen auf dem Land. Das ist kein Wunder, denn gegen den Lärm, der in einer Stadt produziert wird, muss man irgendwie ja anzwitschern. Der Mensch scheint eine andere Strategie gegen Lärm zu entwickeln. Er setzt sich Kopfhörer auf und übertönt den Lärm von außen mit anderen Geräuschen. Oder er baut Schallschutzfenster ins Haus ein, damit die Außengeräusche nicht rein und plärrende Fernseher oder röhrende Haartrockner und Staubsauger nicht raus können. Von der Bohrmaschine des Heimwerkers ganz zu schweigen. Aber im Ernst: Lärm begleitet unser ganzes Leben und ich glaube fast, dass er auch unsere Sinne trübt, wenn es um das Religiöse geht. Wenn es um das Hören auf das geht, was jenseits unseres Alltags, des Sicht- und Greifbaren geschieht. Wenn es um das geht, was die ganz leisen Stimmen uns erzählen wollen.
Ein Beispiel ist der Prophet Elija aus dem Alten Testament der Bibel. Der hat laut und wild gepredigt, hat im Namen Gottes herumgewütet und wahrscheinlich viel Lärm produziert und Staub aufgewirbelt. Im Endeffekt hat ihn das in die Sackgasse geführt. Und es bleibt ihm nur ein Ausweg - der Weg in die Stille. Ganz allein flüchtet er in die Wüste, will nur noch sterben. Der lärmende Alltag  hat ihn fertig gemacht. Und nachdem er einigermaßen wieder hergestellt ist, hat er eine wunderschöne Gotteserfahrung: er erlebt Sturm, Donner und Erdbeben und in all diesem Lärm ist Gott nicht zu finden. Erst dann, in einem „sanften, leisen Säuseln" so sagt es die Bibel, erfährt er Gottes Anwesenheit. Mir gefällt dieser Wink mit dem Zaunpfahl. Ich weiß, dass ich den Lärm um mich herum nicht abstellen kann, aber so oft es geht, suche ich die Ruhe. Denn es könnte ja sein, dass ich sonst etwas überhöre, was wirklich wichtig ist.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11519
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