SWR3 Gedanken

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Bei meiner allerersten Beerdigung waren wir zu viert. Der Organist, mein Ausbildungspfarrer, der Sohn des Verstorbenen, und ich.
Dabei hätte es noch viel mehr Menschen gegeben. Es gab noch zwei Töchter und mehrere Enkel. Sie sind alle nicht gekommen. Sie wollten mit der Beerdigung und dem Tod ihres Vaters nichts zu tun haben. Dabei hatte der Sohn alle eingeladen und auch gedacht, dass sie kommen. Ziemlich traurig, das alles.
War es Gleichgültigkeit oder doch so tiefe Verletzungen, die es den Angehörigen unmöglich machten an der Beerdigung teilzunehmen? Ich kann mir jedenfalls Fälle vorstellen, bei denen die Angehörigen wirklich die Trauerfeier eines Menschen nicht besuchen, weil sie schlicht nicht trauern, sondern immer noch zornig, gedemütigt und verletzt sind. Ich konnte für meine erste Beerdigung nicht herausfinden, was der Grund war.
Was auch immer: Ein Satz aus der Bibel bekam für mich damals eine besondere Bedeutung:

„So spricht Gott der Herr, ich habe Dich bei deinem Namen gerufen, Du bist mein!" Das war wichtig, denn es war klar. Wenn der Sohn nicht mehr ist, dann wird keiner mehr an den Verstorbenen denken, geschweige denn vermissen. „Du lebst in unseren Erinnerungen weiter..." Der Spruch hatte sich hier schnell erledigt.
Aber dass Gott ihn gerufen hat und der Verstorbene zu ihm gehört, das wog schwerer, jedenfalls für mich. Was auch immer der Verstorbene war, was er falsch oder richtig gemacht hat in seinem Leben, ob diejenigen, die nicht zu seiner Beerdigungen gekommen sind einen Grund hatten oder nicht. Er gehört zu Gott. Und ist bei ihm gut aufgehoben. Das hat mich sogar an dieser traurigen Beerdigung getröstet.
Für mich wünsch ich mir eine große Trauerfeier. Aber eines Tages wird auch der letzte gestorben sein der dabei war und nicht mehr an mich denken. Selbst dann, glaube ich, bin ich nicht vergessen.

 

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