SWR3 Gedanken

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Mein Freund Tim ist Arzt und ihm brummte der Kopf. er war nicht krank, aber er hatte das Gefühl, dass er sich um sich selbst drehte. Mit seiner Arbeit  war er unzufrieden.
Und was jetzt? Man gibt ja seine Stelle nicht so mir nichts dir nichts auf. Löst ein neuer Arbeitgeber eigentlich die Probleme? Werden seine Frau und seine Kinder mitspielen? Immerhin haben sie in einer vorher fremden Stadt inzwischen Freunde gefunden. Eine nette Nachbarin, dich auch mal die Kinder nimmt. Das gibt man nicht so leichtfertig auf.
Er hat jetzt in einer anderen Stadt eine Arztstelle. Aber es dauerte über ein Jahr um das wirklich zu entscheiden, alles durchzurechnen, die Fürs und Widers zu bedenken. Tim hat dafür alle seine Gedanken aufgeschrieben. Alles hat er dokumentiert - auch das schmerzhafte. In zwei dicken Kladden. 800 Seiten Papier wurden in der Zeit beschrieben. Natürlich mit Hand und Füller.
Schreiben, einfach für sich, damit man den Kopf klar bekommt. Das hat eine lange Tradition. Der christliche Philosoph Sören Kierkegaard zum Beispiel hat so sein Leben lang seine Gedanken geordnet. Viele Meter Bücher hat er geschrieben. Manches war für die Öffentlichkeit bestimmt, vieles nur für ihn, um darüber nachzudenken. Über sich selbst und sein Wünsche nachzudenken, seinen Schmerz zu benennen. Das ist eine Form der Selbstliebe, die Jesus empfiehlt.
Wer sich also um sich selbst dreht, könnte mal anhalten und auf einer geraden Linie schreiben. Langsam schälte sich für Tim dann die Lösung heraus. Der neue Job ist es. Und er ist glücklich.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11442
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