SWR2 Wort zum Tag

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Nächste Woche wird meine Oma 90. Der Ausdruck „stolzes Alter" ist dafür fast schon zu schwach. Ob ich es jemals auch nur in die Nähe dieses Alters schaffen werde? Mit meinen 40 Jahren bin ich für die Oma natürlich ein junger Hüpfer, ein Enkelkind eben. Für meine eigenen Kinder, bin ich dagegen schon ganz schön alt. Teenager denken in anderen Alters-Dimensionen. Es ist schon kurios, die Sache mit den Generationen. So viele unterschiedliche Erfahrungen, so viele unterschiedliche Einstellungen. Wir scheinen fast in anderen Welten zu leben. Noch krasser habe ich das in manchen Gegenden Afrikas erlebt, wo zwischen Großeltern und Enkeln oft ganze Zeitalter liegen. Großeltern stammen aus dem Zeitalter der Jäger und Sammler, Enkelkinder aus dem Zeitalter des Internet und des Mobilfunks. Dass es da viel Unverständnis gibt und viel Kopfschütteln, liegt auf der Hand. Was wir aber von den Afrikanern lernen können, ist eine starke Solidarität zwischen den Generationen. Alte werden respektiert und es ist selbstverständlich, dass Junge und Alte in einer umfassenden Gemeinschaft zusammenkommen und zusammenarbeiten. Wenn wir heute in Deutschland von „Generationengerechtigkeit" reden, meinen wir damit eigentlich einen Konflikt zwischen den Generationen. Wir fragen uns, wie durch eine abnehmende Zahl von jungen Menschen, die arbeiten, eine zunehmende Zahl von Rentnern versorgt werden kann. Und noch mehr Fragen ergeben sich für die Zukunft in einer Gesellschaft mit ständig steigendem Altersdurchschnitt: Wie können die Generationen zusammenleben? Wie können sich alle ihrem Alter gemäß einbringen für die Gemeinschaft, sich engagieren? Wie kann jede Generation teilhaben am öffentlichen Leben?
Als Gesellschaft mit christlichen Wurzeln steht es uns gut zu Gesicht, diese Fragen anzugehen und uns nicht darauf zu verlassen, dass jeder schon irgendwie selbst für sich sorgen wird.
Ich habe die Lösungen nicht parat. Aber ich meine: Was wir brauchen, sind neue Ideen, kreative Ansätze, innovative Konzepte. Ein paar solche Aufbrüche gibt es schon. Z.B. sogenannte „Mehrgenerationenhäuser" oder Wohngemeinschaften von Alten, die in Kindergärten mithelfen.
Wir brauchen noch mehr davon. Und wir müssen gemeinsam danach suchen - im Geist der Solidarität zwischen den Generationen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11388
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