Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

„So etwas habe ich noch nicht erlebt!" Ziemlich aufgelöst kam ein Mitarbeiter zu mir. „Stell Dir vor, was mir in der Sitzung heute passiert ist! Der Geschäftsführer hat mir das Wort im Mund rumgedreht. Er hat gar nicht richtig zugehört, was ich gesagt habe. Er hat nur auf mich eingeredet. Ich bin aus der Sitzung heraus gekommen wie ein begossener Pudel." Der Mitarbeiter war immer noch fassungslos. Er hätte dem Geschäftsführer am liebsten so richtig die Meinung gesagt. Und ich hätte ihm gerne einen Wunsch mitgegeben. Den Wunsch, den König Salomo in der Bibel geäußert hat.

Salomo wurde sehr jung König von Israel. Eine anspruchsvolle Aufgabe. Im Traum ermutigt Gott ihn: „Sprich eine Bitte aus, die ich dir gewähren soll." Eine Bitte, damit er sein Volk gut leiten kann. Und was wünscht sich Salomo? „Verleih deinem Knecht ein hörendes Herz". Ein wunderbarer Wunsch: „Ein hörendes Herz". Das hat Salomo geschenkt bekommen, und es hat seine Regentschaft geprägt. Das Volk hat es gut gehabt mit ihm.

„Ein hörendes Herz". Das Gegenteil davon hat mein Mitarbeiter erlebt: Jemand, der nicht zuhört, sondern nur von sich ausgeht und monologisiert; jemand, der nur kaltblütig seine Interessen einbringt und dem es kein Jota um gegenseitiges Verständnis geht.

Gottseidank erlebe ich auch das Andere: Dass der Gesprächspartner gut zuhört. Dass das, was ich gesagt habe, bei ihm ankommt. Dass es bei ihm etwas bewirkt. Das bedeutet ja: Er nimmt mich ernst und interessiert sich für das, was ich zu sagen habe. Wenn jemand wirklich „mit dem Herzen hört", dann kommt noch mehr dazu: Er hat nicht nur den glasklaren Sachverstand eingeschaltet. Auch sein Mitgefühl ist hellwach im Spiel. Er achtet darauf, wie es mir im Gespräch geht. Ihm ist wichtig, dass ich innerlich mitgehen kann und dass wir ein gutes, gemeinsames Ergebnis erreichen. Mir geht das Herz auf, wenn ich mit solchen Menschen zu tun habe. Dann kann ein Besprechungspunkt noch so kompliziert sein, dann ist das trotzdem ein Stück Leben. Weil es ein gegenseitiges Geben und Nehmen ist. Und das befruchtet immer auch die Sache, um die es geht.

Menschen, die auf diese Weise zuhören sind eine Wohltat für alle anderen. Und deshalb wünsche ich Ihnen „ein hörendes Herz".

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11379
weiterlesen...