SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Nein - ich will nicht um Hilfe bitten, sagt sie mir. Ich möchte niemandem zur Last fallen.
Ein Leben lang hat die alte Dame für sich und für die Familie gesorgt.
Unerträglich ist für sie der Gedanke, auf Hilfe angewiesen zu sein.

Sie fühlt sich in ihrer Würde beeinträchtigt, das Leben hat für sie, wie es sagt, keinen Sinn mehr, wenn sie es nicht selbst gestalten und bestimmen kann.

Ein anderes Beispiel ist einer, der frustriert meint: Den soundso, den frage ich bestimmt nicht mehr um Rat. Der antwortet mir sowieso nicht.

Zuviele Enttäuschungen hat er erlebt. Obwohl er genau weiß, dass er es allein nicht schafft, dass er allein die Lösung für sein Problem nicht finden kann. Das Bild ist fertig, dass er von sich und seiner Umwelt hat. Keine Aussicht, keine Hoffnung auf Veränderung hat nier noch Platz.

Wer bittet, weiß, dass er etwas braucht. Wer auf die Suche geht, hat etwas verloren  - auch das muss man ja erst einmal merken, dass etwas fehlt. Und wer beim Nachbarn etwas ausleihen will, gibt etwas von sich preis.

Warum tue ich mich und viele sich damit so schwer?
Weil es gar nicht einfach ist, sich das Abhängig -Sein einzugestehen.
Ich brauche, ich bin bedürftig, ich habe etwas verloren, ich kann es nicht mehr selber tun.
Dazu bin ich zu stolz. Ich möchte gerne selber machen, und andere erwarten das ja auch von mir.

Um Hilfe bitten - das ist das Letzte, zu dem man bereit ist. Besonders dann, wenn man lange versucht hat, aus eigener Kraft das Ziel zu erreichen.

„Bitte, hilf mir, ich kann es nicht allein." Es ist gut, wenn ich lerne, das zu sagen.
Und ich glaube, dass es einfacher ist, wenn man in Beziehung zu Gott lebt.
Hier merke ich nämlich, wie sehr ich als sein Geschöpf auf ihn angewiesen bin.

Wie es mir hilft, dieses auch vor ihm auszusprechen. Es macht mich nicht klein, sondern ist Teil meiner Würde, dass ich Gott um etwas bitten, ihm zur Last fallen kann.
"Bittet, so wird euch gegeben. Suchet, so werdet ihr finden. Klopfet an, so wird euch aufgetan."

Dies gilt im Hinblick auf Gott, aber auch für Beziehung zwischen Menschen.
Nicht erst, wenn es eng wird, sondern immer und grundsätzlich.

Ich kann vieles selber machen, aber ich kann mir niemals selbst genügen.
Und schon jetzt kann ich üben, wie es ist, die eigenen Kinder um Hilfe zu bitten.
Dann wird es mir später nicht mehr so unnatürlich vorkommen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11373
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