SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Eine neue Zeit beginnt in der nächsten Woche für viele Kinder, Eltern und Großeltern: In der kommenden Woche fängt in Baden-Württemberg nicht nur das neue Schuljahr wieder an nach sechs Wochen Ferien und freier Zeit. Sondern ein ganz neuer Lebensabschnitt für die Kinder, die von nun an nicht mehr Kindergartenkinder sein werden, sondern Schulkinder. Und darauf mächtig stolz sind. Sie kommen in die Schule, endlich! 
Kinder sind neugierig und wissbegierig, sie wollen verstehen, wie was funktioniert und zusammen gehört. Schulkind sein, das heißt: Endlich erschließen sich die Buchstaben, endlich lernt man, wie man auch ohne Fingerabzählen rechnen kann, endlich darf und muss man sogar richtig lernen, wie Stadt, Land, Meer und Fluss heißen. Ich sehe die erwartungsvollen, aufgeregten Kinder und kann sie so gut verstehen! So muss es mir damals auch gegangen sein. Bis heute ist mir die Freude am Lernen und Entdecken geblieben. Was kann man als Erwachsener einem Kind mitgeben, das nun sein Schülerleben beginnt? Ich bin bei dem Dichter, Journalisten und Volksschriftsteller Matthias Claudius fündig geworden. Von ihm erzählen die Biographen, dass ihn seine Rolle und Aufgabe als Familienvater und als Lehrmeister einer großen Kinderschar mit mehr Glück erfüllte als alle beruflichen Verdienste. Er muss seinen Kindern ein wunderbar zugewandter und erfindungsreicher Vater gewesen sein. So beschreibt er in einem seiner Briefe aus dem Jahr 1782 die Feste, die er für seine Kinder erfand: „So haben wir ... außer den respektiven Geburts- und Namenstagen schon verschiedene andere Festtage eingeführt, als da ist das Knospenfest, den Maimorgen ... usw. ... Gestern, als ich im Garten gehe und nichts weniger denke, schießen mir mit einmal zwei neue Festtage aufs Herz, der Herbstling und der Eiszäpfel, beide gar erfreulich und nützlich zu feiern. Der Herbstling ist nur kurz und wird mit Bratäpfeln gefeiert ... Der Eiszäpfel kann durchaus ohne einen Schneemann nicht gefeiert werden ..." (1782, Asmus, Vierter Teil) Matthias Claudius gibt seinen Kindern die Lust am Entdecken und Lernen mit, aber vor allem und zuerst die Freude und Dankbarkeit für das Leben. Er lebt sie ihnen vor. Sie wurzelt bei ihm in einem tiefen und kindlichen Vertrauen in Gott. Gott, so Claudius in einem Morgenlied aus dem Jahr 1797, „sieht alles, was ihr tut und denkt, / hält euch in seiner Pflege, / weiß, was euch freut und was euch kränkt, / und liebt euch allewege." Ich finde das schön und möchte es in meinen Gedanken und Gebeten auch so halten: Die Kinder und die Erwachsenen, die sie begleiten, nicht einem unerklärlichen Lebensschicksal oder gar dem Ernst des Lebens überlassen, sondern Gottes Geleit und Segen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11340
weiterlesen...