SWR2 Wort zum Tag

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"Der Mond ist aufgegangen, / die güldnen Sternlein prangen / am Himmel hell und klar..." Am frühen Morgen ein Abendlied? - Sie haben recht, es ist eines. Ich weiß gar nicht, seit wann ich dieses Lied kenne, ich glaube, schon immer. 
Der Dichter, Volksschriftsteller und Journalist Matthias Claudius hat es im Jahr 1782 geschrieben. Er wurde durch seine Volkslieder und Gedichte berühmt und bekannt, schon zu seinen Lebzeiten. Er hatte sie zunächst in der Zeitschrift „Der Wandsbeker Bote" veröffentlicht. Das war ein Journal für die einfachen Leute, es sollte aufklären und auferbauen. Nachdem das Journal trotz seiner Popularität eingestellt wurde, behielt er den Namen bei und gab seine Texte in kleinen Bänden als freier Schriftsteller heraus. Als Schriftsteller und Zeitungsmacher war er in seiner Zeit eine Berühmtheit. Zunächst hatte er allerdings eine für ihn unbefriedigende Berufslaufbahn als Sekretär in höfischen Verwaltungen, zuletzt in Darmstadt, hinter sich gebracht. Doch Matthias Claudius kehrte schon nach wenigen Jahren von seiner Karriere bei Hofe in das dörfliche Wandsbek zurück. Er erkannte, dass er, wenn er glücklich und zufrieden leben wollte, zu dem Lebensstil finden musste, der seinem Wesen und seinen Vorstellungen entsprach: das Zuhause im ländlichen Wandsbek, zufrieden mit bescheidenem Auskommen, geprägt von Humor und Gemüt, verwurzelt in tiefer Religiosität. Er hatte zwar für eine große Familie zu sorgen, aber er hatte Gönner und Freunde und Abonnenten für seine Bücher, die ihm und seiner Familie einen einfachen Lebensunterhalt sicherten. Mehr wollte und brauchte er nicht. Nach dieser Lebensentscheidung entstand ein Danklied, das er allem Karrierestreben und materiellem Aufstieg entgegenhält. Denn, davon war Matthias Claudius überzeugt: Worauf es wirklich ankommt im Leben, kann man nicht machen. Man empfängt es: 

Ich danke Gott und freue mich / wie's Kind zur Weihnachtsgabe, / Dass ich bin, bin! Und dass ich dich, / schön menschlich Antlitz habe ... Ich danke Gott mit Saitenspiel, / dass ich kein König worden; ich wär' geschmeichelt worden viel / und wär' viellleicht verdorben. ... Denn Ehr' und Reichtum treibt und bläht, / hat mancherlei Gefahren,und vielen hat's das Herz verdreht, / die weiland wacker waren. Und all das Geld und all das Gut / gewährt zwar viele Sachen;
Gesundheit, Schlaf und guten Mut / kann's aber doch nicht machen."
 (1777, Asmus, Dritter Teil)
 

Matthias Claudius gibt diesem Lied die Überschrift: „Täglich zu singen". Denn er weiß und hat es an sich erlebt, dass Verlockungen wie Ansehen, Ehre, Wohlstand, Machthaben-Wollen sehr anziehend sind. - Ein Danklied, täglich zu singen: Ich habe es mir gut sichtbar an den Schreibtisch gehängt.

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