SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

„Weiter treibe ich / hinaus ins fremde Land. / Beinhart die Erde, / die Eisluft beißend kalt. / Berührt vom Winde/ meines unbekannten Ziels / zittern die Saiten / im Warten." So beginnt das Tagebuch von Dag Hammarskjöld, dessen 50. Todestag sich jährt. Der 20-jährige ist offenkundig im geliebten Nordschweden unterwegs, als er diese Zeilen schreibt. Er spürt den gefrorenen Erdboden unter den Füssen und den scharfen Wind im Gesicht, unbekanntes Land liegt offen vor ihm - wie das Abenteuer des eigenen Lebens. Auf den ersten Blick nur eine alterstypische Aufbruchsstimmung voller Naturromantik, aber hellhörig macht die Fortsetzung im Tagebuch: „Immer ein Fragender,/ werde ich dort sein,/ wo das Leben verklingt - / ein klar schlichter Ton/ im Schweigen.// Lächelnd, offen und ehrlich - / beherrscht der Körper und frei / Ein Mann, der wurde, was er konnte, / und der war, was er war- / bereit, im einfachen Opfer alles zu fassen." In fast heroischer Attitüde will der junge Mann also alles auf eine Karte setzen, voller Idealismus möchte er sich verausgaben, den Tod klar im Visier. 36 Jahre später ist es tatsächlich so weit gekommen: Hammarskjöld wird zum Opfer politischer und wirtschaftlicher Interessen, bis zuletzt hatte für Recht und Gerechtigkeit gekämpft und sich eingesetzt für die Armen - wohl ahnend, dass es ihn das Leben kostet.. Nicht zufällig war ihm der Weg Christi zum prägenden Vorbild geworden. Auch der letzte Eintrag im Tagebuch spielt draußen in der geliebten schwedischen Natur. Wie im Tagtraum schildert der 56-jährige da im morgendlichen Tagesaufgang das innere Erwachen zum Lebenssinn. Das morgendliche Licht draußen und die Erleuchtung innen scheinen sich zu spiegeln. Lyrisch versteckt spricht ein spirituell erweckter Mensch, mitten in der großen Weltpolitik draußen und mitten im Geheimnis Gottes drinnen. Wieder werden die Eindrücke aus dem Gebirge zum Bild für die innere Freiheit, sich zu verausgaben und zu verschwenden. Und dann heißt es: „Zweimal war ich auf den Kämmen (der Berge) , / ich wohnte am innersten See / und folgte dem Strom / zu den Quellen./ Jahreszeiten wechseln / und Licht / und Wetter / und Stunde. / Aber es ist das gleiche Land. / Und ich beginne die Karte zu kennen, die Himmelsrichtungen." Die Bilder der Natur deuten an, woher Hammarskjöld seine innere Freiheit bezieht. Die Bergketten oben, der Strom und die Quellen, der innerste See - es sind Bilder für die mystische Mitte seines Lebens. Was er als junger Mann ebenso intuitiv wie naiv notierte, hat sich am Ende erfüllt: er hat das Geheimnis gefunden, das wir Gott nennen. „Ich beginne die Karte zu kennen". Da ist ein Navi, der ihn verlässlich führt. Und das macht ihn unglaublich frei - offen für die Schönheit der Dinge und einsatzbereit bis zum Letzten. Nichts kann dem genommen werden, der sich so von Gott finden lässt.

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