SWR2 Wort zum Tag

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Vor fünfzig Jahren kam Dag Hammarskjöld ums Leben, und bis heute sind die Umstände seines Todes nicht geklärt. War es ein Unfall, eine Intrige oder doch ein Attentat? Was in der Nacht zum 18. September 1961 im Kongo wirklich geschah, wurde nie ernsthaft untersucht und aufgeklärt. Aber dass Hammarskjöld, gerade mal 56 Jahre alt, mitten in einem Krisengebiet der Welt gewaltsam zu Tode kam, sagt sehr viel über sein Leben. Er war schon in der zweiten Amtsperiode UNO-Generalsekretär und manch einer wird sich an die Blauhelme erinnern, die seitdem in Krisengebiete geschickt werden. Der gebürtige Schwede verstand seine Aufgabe als Weltinnenpolitik. Für Frieden und Gerechtigkeit setzte er sich ein, besonders die armen und ausgebeuteten Völker hatte er im Blick. Und nicht zufällig starb er in einem der rohstoffreichsten, also begehrtesten Länder der Erde. Nach seinem Tod fand man in seiner Hinterlassenschaft ein Tagebuch. »Weißbuch meiner Verhandlungen mit mir selbst und mit Gott« nannte er es selbst. Diese Sammlung von persönlichen Notizen gehört zu den kostbarsten spirituellen Zeugnissen der jüngeren Geschichte. Ein Spitzendiplomat, hoch aktiv auf der politischen Weltbühne, gibt intimsten Einblick in seine Gedanken, Gefühle und Motivationen. Es ist, als würde man bei der Lektüre Anteil nehmen dürfen an der lebhaften Sinnsuche eines begabten Zeitgenossen - und nicht nur an der Suche, vor allem an dem, was er gefunden hat. Zum Beispiel: „Ich weiß nicht, wer - oder was - die Frage stellte. Ich weiß nicht, wann sie gestellt wurde. Ich weiß nicht, ob ich antwortete. Aber einmal antwortete ich Ja zu jemandem - oder zu etwas. Von dieser Stunde her rührt die Gewissheit, dass das Dasein sinnvoll ist." Das hatte Hammarskjöld in seinem Todesjahr notiert. Er schaut zurück, als hätte er geahnt, dass er sein Leben um der globalen Friedensarbeit willen zu opfern habe. Wie im Brennglas verdichtet sich sein ganzes Leben auf die Zeit vor seinem Ja und die Zeit danach. Immer schon war er von der Frage umgetrieben, wozu er eigentlich da sei, welche Berufung er habe und welchen Auftrag. Und wer kennt solche Fragen nicht? Jahrelang hatte er gesucht und jede Aufgabe so treu wie möglich angenommen. Schon nach der Lebensmitte, in der Wende zum Jahr 1953, muss er endlich den Sinn gefunden haben, den lebendigen Gott. Damals notierte er: „Dem Vergangenen: Dank, / dem Kommenden: Ja!" Und damit beginnt sein Abenteuer im Dienst des Weltfriedens, und mitten darin: sein ständiges Zwiegespräch mit Gott.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11307
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