SWR2 Wort zum Tag

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„Das bin ich mir wert!" So sage ich, um mich zu rechtfertigen - etwa, wenn ich mir einen kleinen Luxus gegönnt habe. Das bist Du Dir doch hoffentlich wert! - so reden entsprechend die Werbestrategen auf uns ein, um uns zu verführen. Was bin ich aber eigentlich wert?  Diese Frage hat sich der Journalist Jörn Klare gestellt. Allerdings, mit etwas anderer Absicht. In seinem Buch mit dem Titel „Was bin ich wert?" geht er der Frage nach: Lässt sich mein Wert auch in Cent und Euro ausrechnen? Im Untertitel heißt es provokant: Eine „Preisermittlung". Jörn Klare hatte zuvor über illegalen Menschenhandel recherchiert. Und kam so überhaupt erst auf diese verrückte Idee: Wie hoch schätzt man wohl meinen Wert ein? 
Ganz naiv hat er dann nachgefragt, bei Versicherungsvertretern, Personalberatern, Statistikern, sogar bei Raubmördern und Kriminologen - und er hat mühelos ein ganzes Buch gefüllt. Ich finde dieses Buch beklemmend. [DF2] In allen Lebensbereichen wird offenbar der Mensch berechnet, werden Kosten-Nutzen-Rechnungen aufgestellt, oft schockierend konkret. Versicherungen kalkulieren , wie lange ein Mensch wohl leben wird, Körperteile und Organe haben ihren Preis, in Schmerzensgeld-Prozessen gilt auszurechnen, mit welcher Summe die Hinterbliebenen zu entschädigen sind - durchaus mit unterschiedlichem Ergebnis. Bis zu welchem Lebensalter lohnt sich die teure Hüftoperation, bei welcher Lebenserwartung noch die Aidstherapie? Und wie sähe die Welt aus, wenn wirklich alle Menschen den gleichen Wert hätten? Dürften dann Tausende in Ostafrika verhungern? 
Als ich das Buch von Jörn Klare gelesen habe, bin ich aber auch ins Nachdenken gekommen. Bin ich nicht auch versucht, zuerst zu rechnen: Was kann ich? Schulabschluss, Qualifikation, Karriere? Was bin ich meinem Arbeitgeber wert? Wie sehe ich aus? Was habe ich geleistet, in meinem Leben? Kinder, Enkel, ein Haus gebaut? Woran wird man sich nach meinem Tod erinnern? Die Rechnung der von Jörn Klare befragten Versicherungsvertreter sah gar nicht so viel anders aus.
Aber vielleicht sollte ich anders oder besser gar nicht rechnen. Die Bibel beantwortet die Frage „Was bin ich wert?" gleich am Anfang. Da heißt es: Gott schuf den Menschen nach seinem Bild. Wir Menschen sind also Ebenbilder Gottes. Das ist ein enormer Zuspruch: Ich brauche mir meinen Wert nicht zu verdienen, bin immer schon uneingeschränkt viel wert. Das ist aber auch ein enormer Anspruch: hinzuschauen und einzustehen, wo immer der Wert des Menschen errechnet, verrechnet, gehandelt wird, wo Menschen weniger oder mehr wert sind. Das ist Gott mir wert. Das bin ich Gott wert

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