SWR3 Gedanken

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50 Jahre ist es her: Bauarbeiter kamen am frühen Morgen und legten los. Wenige Wochen später trennte eine Mauer Ost- und Westberlin. Eine Betonmauer, Stacheldraht und Todesstreifen gingen durch Landschaft und Städte und mitten durch Familien.
„Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen" heißt es an einer Stelle in der Bibel. Ein Satz, der angesichts der Mauern und Zäune, die die ehemalige DDR abschirmten, auf die Christen dort leicht hätte zynisch wirken können.
Schließlich waren sie dort eine Minderheit, und der Staatsapparat machte es ihnen so schwer wie möglich durch Willkür, Überwachung und Bespitzelung. Die Mauer trennte nicht nur geographisch und politisch, sondern sorgte auch für Misstrauen und Angst unter Nachbarn und selbst in Freundeskreisen.
Aber die Mauer trennte nicht nur, sie schweißte auch zusammen. Die Bevölkerung im Allgemeinen und die christlichen Gemeinden besonders. 30 Jahre lang hielt man gemeinsam dem Druck durch den Staat stand und unterstützte sich gegenseitig. Vor 22 Jahren dann gelang schließlich der Sprung mit Gott über die Mauer.
„Wir wussten immer, dass Gott sich von Mauern nicht aufhalten lässt. Es sind Menschen, die sie bauen oder einreißen", hat mir ein Bekannter aus dem Osten erzählt.
Inzwischen ist die Teilung Deutschlands Geschichte, wir sind sozusagen alle mit Gott über die Mauer gesprungen. In Köpfen und Herzen haben wir allerdings noch genügend Mauern. Wie nah lassen wir Menschen, die anders denken an uns heran? Wie wichtig ist uns soziale Gerechtigkeit?
Der 50. Jahrestag des Mauerbaus ist eine gute Gelegenheit die eigenen Mauern wahr zu nehmen. Bei uns und anderswo.
Um dann dagegen anzugehen. Denn eins haben wir gelernt: mit meinem Gott kann ich über Mauern springen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11230
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