SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

„Emilio ist nicht mehr mein Freund", sagt meine Kleinste, als sie aus dem Kindergarten kommt. Sie sagt es sehr beiläufig, fast hätte ich es überhört.
„Warum nicht?", frage ich dann doch.
„Er hat mich angespuckt. Mit Viktor. Ich hab ihn auch angespuckt."
„Wieso habt ihr euch angespuckt? Das ist blöd."
„Weiß nicht mehr, warum. Jetzt ist Emilio nicht mehr mein Freund. Viktor auch nicht."
„Aber du hast ihn doch auch angespuckt?! Und du magst ihn doch so!"
„Ja, schon. Aber jetzt nicht mehr."
Mir fällt nichts mehr ein. Mit 4,5 ist die Welt irgendwie schwarz-weiß. Und die Sache mit Emilio ist, was auch immer der Anlass gewesen sein mag, jetzt schwarz.
Am nächsten Tag frage ich sie neugierig: „Und? Mit wem hast du heute gespielt? Jetzt wo Emilio nicht mehr dein Freund ist."
Sie sieht mich überrascht an: „Ach so, das haben wir vergessen. Emilio ist wieder mein Freund." Und dann erzählt sie mir ausführlichst von Sandburgen, Wasserwällen, und Ritterkämpfen, die sie an Emilios Seite bestand.
„Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder", hat Jesus einmal gesagt, „werdet ihr das Reich Gottes nicht erleben". Mensch, denk ich am Abend, Jesus hat Recht. Man müsste zu seinen schlimmsten Feinden einfach hingehen können und mit ihnen Sandburgen bauen. Weil man schlicht vergessen hat, weshalb man sich nicht mochte.

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