SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Gut geschlafen - heute Nacht? Oder wenigstens einigermaßen? Und doch, es kann sein: Der neue Tag steht vor mir wie ein Berg. Schier unüberwindbar. „Steh ich das durch? Kann ich heute alles das erfüllen, was andere von mir erwarten?"
Ich erinnere mich sehr deutlich. Wie ich im vergangenen Frühjahr an einem Punkt war, da konnte ich nicht mehr. Da war ich komplett erschöpft.
Ganz egal wie ich dagegen angekämpft habe - mit inneren Appellen - mit allerlei Tricks noch länger wach zu sein und noch mehr Energie aus mir rauszuholen - es ging nicht mehr. Das ist mehr als unangenehm: Wenn sich der Körper Tag und Nacht kühl anfühlt, egal wie warm man sich anzieht. Wenn die Nerven blank liegen und man auf so ziemlich alles gereizt reagiert.
Wenn man nicht mehr sieht, was gelungen ist, sondern nur noch Versäumnisse und nur noch das, was man noch besser machen könnte.
Als es mir so gegangen ist, da war mein Lächeln weg, wenn ich mich im Spiegel angeschaut habe. So mochte ich mich nicht mehr. Eine Ordensschwester aus meinem Stadtteil hat gespürt, dass da etwas mit mir nicht im Lot ist. Sie kennt mich und hat mich zu einem Gespräch eingeladen.
Nicht, dass sie mir Tipps gegeben hätte, wie ich meine Arbeit optimiere, wie ich meine Kompetenzen ausbaue, oder wie ich „Techniken zum Stressabbau" einsetze.
Solche Ratgeber gibt es auch. Für manches und für manche sind sie nützlich.
Mir hat diese Frau anders geholfen. Und zwar so: 
Sie hat mir erzählt, sie betet jeden Morgen für alle Aufgaben, die der neue Tag mit sich bringt. Sie bittet Tag für Tag Gott um seinen Beistand, um seinen Heiligen Geist - für alles, was auf sie zukommt. Und am Abend - da erinnert sie sich daran: „Ich habe das vermocht, wofür mir Gott heute Kraft gegeben hat. Nicht weniger und nicht mehr. Was ich nicht kann, kann ich nicht." Eine einfache Bitte - und eine mir einleuchtende klare Bilanz. Mehr geht nicht - vor allem aber: Mehr soll gar nicht sein - und: Das ist genug. Ein Auspressen und Überziehen von Energien, die mir nicht gegeben sind, das ist von Übel.
Ihr Gebet erinnerte mich an ein ähnliches Warnsignal gegen Überforderung. Wie in der Bibel Jethro seinem überforderten Schwiegersohn Moses sagt: „Es ist nicht gut, wie du das tust. Du machst dich zu müde." (2. Mose 18,17+18)
Wenn ich mich wieder „ zu müde mache" - neudeutsch sagt man, wenn ich mich über alle Maßen „auspowere" -  dann will ich mich daran erinnern: Ich will mit den Kräften auskommen, die mir Gott gegeben hat.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11182
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