SWR2 Wort zum Tag

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Ein Gott, der Leben schenkt - ein Gott, der Opfer fordert. Beide Vorstellungen finden sich in der Bibel. Das Bild von Gott, der Opfer fordert, tritt dabei im Lauf der Geschichte in den Hintergrund. Dass Gott Leben schenkt - und dieses Leben in die Obhut des Menschen gibt -, diese Vorstellung tritt immer klarer in den Vordergrund.
In der Geschichte Abrahams, im Buch Genesis, ist das Ringen um diese konkurrierenden Vorstellungen von Gott besonders deutlich erkennbar. Diese Geschichte erzählt, dass Gott Abraham und seiner Frau Sarah einen Sohn geschenkt hat. Auf der anderen Seite - und das ist die bekanntere - erzählt die Geschichte, dass Gott von den beiden verlangt, eben diesen einzigen Sohn zu opfern.
Abraham und Sara waren über das Alter hinaus, in dem Eltern Kinder zeugen und zur Welt bringen. Sie hatten die Hoffnung auf einen gemeinsamen Sohn aufgegeben und hatten sich mit ihrer Situation abgefunden. Da kommen Fremde an ihren Zelten vorbei. Abraham spricht sie mit einer Ehrfurcht an, wie wenn er in ihnen einen Gott erkennt. Er lädt sie ein, sich im Schatten auszuruhen und lässt ihnen ein Mahl bereiten. Die Fremden aber kündigen ihm an, dass Sara und er in einem Jahr einen Sohn haben werden. Von Abraham wird an dieser Stelle keinerlei Reaktion erzählt. Von Sara erzählt die Bibel, dass sie gelacht hat. Sie erfasst vielleicht deutlicher als Abraham, dass sich hier etwas Unerhörtes ereignet, etwas, was man nur bestaunen kann wie ein Geschenk.
Diesen Sohn nun, Isaak, das unverhoffte Geschenk eines unbekannten Gottes, soll Abraham Gott als Brandopfer darbringen - so die andere Seite der Geschichte. Abraham glaubt, dem Auftrag Gottes gehorchen zu müssen und ist bereit, Isaak zu opfern. Da greift ein Engel des Herrn ein und sagt: „Halte ein, tue deinem Sohn nichts zuleide". Niemand wird jemals das Anstößige an dieser Geschichte beseitigen. Vergegenwärtigt man sich aber diese zwei Seiten: Gott schenkt Leben - Gott fordert Opfer - so ist die Botschaft am Ende der Geschichte eindeutig: Gott ist der, der das Leben schenkt - und der nicht etwa als Gegengabe, als Opfer, die Hingabe des Lebens will. Statt nur auf Abraham zu schauen, der bereit ist, scheinbar fraglos seinen Sohn zu opfern, sollten wir vielleicht auch auf Sara und ihr Lachen hören. Gott schenkt Leben und lacht Menschen damit zu. Der Name ‚Isaak' heißt übersetzt „Gott lacht".

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