SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Vor ca. vier Wochen. Mein Büro. Totales Chaos. Meine Kollegin hat das irgendwie mitbekommen. Sie kommt rein und drückt mir einen Zettel in die Hand. Darauf steht: „Werde verrückt so oft Du willst...". Super, denke ich. Wenn ich jetzt auch noch verrückt spiele, kann ich gar nicht mehr arbeiten. Zur Seite geschoben. Dann habe ich entdeckt, dass auf der Rückseite des Zettels auch noch was steht: „...aber werde niemals ohnmächtig!" Jetzt ergibt der Satz natürlich Sinn: „Werde verrückt so oft du willst, aber werde niemals ohnmächtig."
Inzwischen habe ich festgestellt, dass der Spruch mir ganz viel sagt. Er schießt mir zum Beispiel in den Kopf, wenn ich mich ohnmächtig fühle: wenn ich das Gefühl habe, dass ich an eine Wand rede. Wenn ich nichts bewirken kann. Wenn ich von oben herab behandelt werde. Dieser Satz kann eine Warnung für mich sein: Ohnmacht ist eine Falle, gegen die ich mich wehren will.  Der Satz beflügelt mich aber auch, wenn ich mal verrückt spiele: wenn ich im Auto vollgas die Musik aufdrehe, wenn ich die Nacht fast durchmache, obwohl ich morgen früh raus muss. Verrückt spielen muss einfach ab und zu erlaubt sein. Und weil ich immer öfter bemerke, dass der Satz wahr ist, habe ich den Zettel an meinen PC gehängt. Er ist eine kleine Warnung und Ermunterung für mich. Wenn das Chaos jetzt zu groß wird, wenn ich Gefahr laufe, ohnmächtig zu werden, dann kann es passieren, dass ich mir ganz schnell jemanden zum Kaffee Trinken schnappe. Im schlimmsten Fall singe ich laut oder hüpfe durch den Flur. Verrückt eben. Aber nicht mehr ohnmächtig.

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