SWR3 Gedanken

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Keine Frage: Rankings sind was Tolles. Wenn ich etwa ein neues Handy brauche, dann werfe ich einen Blick in die Testmagazine und weiß sofort, wie mein Wunschmodell dort gerankt ist. Oder unsere Studenten. Viele lesen erst mal diverse Hochschulrankings, bevor sie sich für eine bestimmte Uni entscheiden. Kein Wunder also, dass mittlerweile alles Mögliche gerankt wird. Hotels und Kneipen, Schwimmbäder und Städte und inzwischen sogar ganze Staaten. Dank Internet ist Vergleichen einfach wie nie zuvor. Deutlich kritischer wird es allerdings, wenn es um Menschen geht. Wenn etwa das Fernsehen mal wieder unter unsern Vorfahren die 100 Größten, Schönsten, Klügsten oder was auch immer ermittelt, dann mag das ganz unterhaltend sein. Besonders vielsagend ist es nicht. Wenn da etwa der Stauferkaiser Barbarossa neben Johann Sebastian Bach steht? Oder das Fußballidol Fritz Walter neben Reichskanzler Bismarck? Echt problematisch wird es für mich bei Menschen, mit denen wir aktuell zu tun haben. Lehrer, Pfarrer, Vorgesetzte und wer sonst alles auf einschlägigen Websites bewertet und gerankt werden kann. In der Regel anonym und kaum überprüfbar. Urteile sind da schnell gefällt.
Vielleicht bin ich ja etwas antiquiert und idealistisch. Aber direkte Kritik wie direktes Lob von Angesicht zu Angesicht sind mir im menschlichen Bereich noch immer das Maß der Dinge. Denn bewerten hat für mich erst mal mit Verstehen zu tun. Verstehen, warum der andere so tickt und so handelt. Sinnvoll lässt sich das nur im direkten Gespräch klären, in einer Atmosphäre der Offenheit und der Transparenz. Wohlgemerkt, auf beiden Seiten! Vielleicht gibt es da ja noch Verbesserungsbedarf in manchen Schulen, Kirchen oder Unternehmen. Dann jedenfalls wären anonyme Rankings im Netz nicht nur überflüssig, sondern auch viel weniger spannend.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10994
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