SWR3 Gedanken

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Langsam trägt die kleine Monika eine Streichholzschachtel zu dem kleinen Loch, das sie gerade in die Erde gegraben hat. Die anderen Kinder schauen zu und sind auf einmal ganz still. In der Streichholzschachtel liegt Calvin. Calvin ist der Käfer, den die Fünf-jährigen heute beerdigen. Er wird zwischen einer Schnecke und einem Marienkäfer ruhen. Markus schaufelt etwas Erde über den Insektensarg und legt eine Blume drauf.
Die Kindergartengruppe, zu der Monika und Markus gehören, ist heute zu Besuch auf der Bundesgartenschau in Koblenz. Dort gibt es diesen Insektenfriedhof. Hier können die Kinder unter einer schattigen Linde Beerdigung spielen. Mit allem, was dazu gehört. Die Erzieherin erzählt, wie Leben und Tod zusammenhängen. Sie zeigt ein grünes Blatt und dann ein verwelktes Blatt. „Seht ihr, sagt sie, das grüne Blatt ist frisch und lebendig. Das braune Blatt ist tot. Es ist dünn und zerfällt. Es wird wieder zu Erde. Und genauso ist es mit uns Menschen." Die Kinder hören aufmerksam zu. Dann dürfen sie die Insekten, die sie mitgebracht haben, zeigen. Ganz vorsichtig legt Johannes eine Stubenfliege, die er heute Morgen auf der Fensterbank gefunden hat, in seine Streichholzschachtel. Er hat sie Berta genannt. Johannes ist für einen Moment ganz traurig, als er die Erde über das Insektengrab schaufelt. „Jetzt sehe ich sie nie mehr wieder". Auf einen Stein schreibt er noch ihren Namen auf, damit jeder weiß, dass hier Berta liegt. Diese kleinen Rituale, meint die Erzieherin, können den Kindern helfen, besser damit umgehen zu können, wenn in ihrer Umgebung jemand stirbt.
Spielerisch haben sie eine Ahnung bekommen, was Sterben und Tod bedeuten und was auf einer Beerdigung passiert.
Kurze Zeit später spielen die Kinder schon wieder fröhlich auf dem Spielplatz nebenan. Aber Calvin und Berta werden sie so schnell nicht vergessen.

 

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