SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

In diesen Tagen nach Pfingsten sind viele in den Urlaub gefahren. Wer wegfahren und sich ausruhen oder Neues kennen lernen kann, will Atem holen, will durchatmen und aufatmen, will sich frischen Wind um die Nase wehen lassen und der Atemlosigkeit entfliehen. All das passt gut zum Pfingstfest. Denn da geht es auch ums Atemholen: Gottes Atem durchweht die Welt, so wird das Pfingstfest beschrieben (Apg. 2).
Ein Brausen, ein Sturm, ein heftiger Wind erfüllte den Himmel und das Haus, in das sich die Freundinnen und Freunde Jesu zurückgezogen hatten. Dieses Bild malen die Erzähler der Pfingstgeschichte vor Augen und wecken damit die Erinnerung an die ersten Tage der Schöpfung. An den Beginn der Welt, als Gott Atem holte und die Geschöpfe ins Leben rief, ihnen seinen Atem einhauchte, sie belebte (1. Moses 2,7).
Das hebräische Wort ruach, das in der Bibel für Gottes Atem und Schöpferkraft steht, ist verwandt mit dem Begriff für „Weite", für: „Raum schaffen", für: „in Bewegung-Setzen". Deshalb kann man von Gottes ruach als von Gottes Atem, Geist, Lebenskraft, Energie, Schöpferkraft sprechen. Wie ein Wind, wie ein Sturm weht sie durch die Welt.
Im ersten Satz der Bibel beschreibt der Erzähler: Als noch nichts da war von Gottes Schöpfung, als alles dunkel und leer war, da schwebte und flatterte Gottes ruach, Gottes Atem über den Wassern, wie ein Wind, wie eine Kraft, die gerade dabei ist, die ganze Schöpfung in Bewegung zu setzen (1. Moses 1,2). Daher kommt übrigens die Darstellung vom Geist Gottes, der wie eine Taube um Gottvater und um Jesus herum schwebt.
Ohne diesen Atem Gottes ist kein Leben möglich. Im Psalm 104 ruft der Beter: „Wenn du, Gott, dein Angesicht verbirgst, erschrecken deine Geschöpfe, nimmst du ihre ruach, ihren Atem, hin, so sterben sie und werden wieder Staub. Sendest du deine ruach, deinen Atem aus, so werden sie geschaffen, und du erneuerst das Angesicht der Erde." (Psalm 104,29f).
Gottes Atem schenkt Leben, haucht neuen Atem ein, wo Atemlosigkeit einem zu schaffen macht. Wo man sich atemlos gerannt hat in der Hektik seines Alltags, oder wo man kurzatmig geworden ist in der Trägheit und Unbeweglichkeit dessen, was man erreicht hat.
Ich finde den Gedanken schön, dass Gottes Atem neu die Welt belebt. Ich stelle mir vor: Ich atme tief durch und hole Atem für meinen Alltag. Ich atme aus und mit diesem Ausatmen auch alle Atemlosigkeit und Kurzatmigkeit. Gottes ruach, Gottes Atem durchweht die Welt - und mich.

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