Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Heute hätte Stan Laurel Geburtstag. Er und Oliver Hardy waren „Dick und Doof", Legenden des Stummfilms und tolle Komiker.   „Music box" heißt einer ihrer Filme. Für den haben sie 1932 einen Oscar bekommen. Als Möbelpacker versuchen sie, ein Klavier einen Hügel hinauf und dann ins Haus zu bugsieren. Die Treppe bis zum Haus ist endlos lang. Der eine zieht, der andere drückt. Auf halber Höhe kommt ihnen eine Frau mit Kinderwagen entgegen. Beim Versuch, aus dem Weg zu gehen, rutscht die Kiste mit dem Klavier wieder ganz nach unten. Und die Kinderfrau lacht sie dazu noch aus. Beim nächsten Versuch werden sie von einem hochnäsigen Professor beschimpft, der sich belästigt fühlt. Und wieder rutscht das Klavier bis ganz nach unten. Bis es endlich  da ist, wo es hingehört, lacht der Zuschauer Tränen. Situationskomik vom Feinsten. Ich glaube aber, den Oscar haben Stan und Ollie nicht nur deshalb bekommen. Der ganze Film ist ja irgendwie auch ein großartiges Bild für das Leben. Da schuftet man sich ab, geht Schritt für Schritt vorwärts. Dabei haben viele das Gefühl, dass es im Leben nie leichter, sondern eher immer schwerer wird. So wie die Kiste. Und immer gibt es Menschen, die mich nicht ernst nehmen,  die mich anschreien. Stan und Ollie machen uns vor, wie der kleine Mann da reagiert: man revanchiert sich mit kleinen Fouls, tritt auch schon mal dem ans Bein, der nichts dafür kann. Reagiert mit hilflosem Aktivismus - einfach toll, wie Stanley mit einem kleinen Taschentuch eine riesige Wasserpfütze aufzuwischen versucht.  Aber vor allen Dingen: sie geben nicht auf. Wo ich schon längst alles hingeschmissen hätte, krempeln sie noch einmal die Ärmel hoch und machen weiter. Ollie, weil er ja eigentlich nie Schuld an ihrem Pech hat, und Stanley, weil er seinen Freund ja nicht allein im Schlamassel stecken lassen kann.  Und weil wir das alles auch heute noch so schrecklich doof und zum Lachen finden, vergessen wir manchmal die tiefere Botschaft in diesem Meisterwerk: das Leben ist nicht immer zum Lachen, ganz im Gegenteil. Aber mit einem Lächeln im Gesicht und der Größe, auch über seine eigenen Bemühungen mal lachen zu können und sich nicht so ernst zu nehmen, hat man gute Chancen, auf der Lebenstreppe unbeschadet oben an zu kommen.

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