Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Geh aus mein Herz und suche Freud". Dieses Lied des evangelischen Theologen und Dichters Paul Gerhardt ist ungefähr 350 Jahre alt. Und trotzdem steht es immer noch in vielen aktuellen Liederbüchern. Es ist so bekannt, dass es ein Stück deutsches Kulturgut geworden ist. Ich finde es bemerkenswert, wie ein Mann, der den gesamten dreißigjährigen Krieg erlebt, durchlitten und überlebt hat, trotzdem so von Gottes guter Schöpfung und Welt sprechen kann.
„Geh aus mein Herz und suche Freud in dieser schönen Sommerzeit an deines Gottes Gaben: Schau an der schönen Garten Zier und siehe, wie sie mir und dir sich ausgeschmücket haben."  Klar, die barocke Sprache ist im 21sten Jahrhundert gewöhnungsbedürftig, aber ich finde es lohnt sich, den Text und die Botschaft des Liedes genau anzuhören. Sieben Strophen allein verwendet er darauf, nur zu beschreiben, wie schön es in dem Garten aussieht, und was es da alles zu sehen gibt. Hand aufs Herz: wann haben sie zuletzt an einer Gartenblume gerochen, wann einer Schwalbe beim Füttern der Jungen zugesehen, wann beim Feldspaziergang eine aufsteigende Lerche beobachtet? Paul Gerhardt nimmt sich ganz viel Zeit dafür. Und das ist wichtig. Wie kann ich heute ein Bewusstsein für den Schutz von Natur und Umwelt entwickeln, wenn kaum noch jemand im Alltag Natur wirklich wahrnimmt und lieben lernen kann? So ein einfaches Lied kann ein Anfang sein. Aber natürlich steckt auch eine andere Botschaft in dem Lied. Das Herz soll schauen, der ganze Mensch also soll sich ergreifen lassen von der Schönheit der Schöpfung Gottes. „Geh aus mein Herz und suche Freud in dieser schönen Sommerzeit..." Hier werden Bilder gemalt, Emotionen geweckt, die Sinne angesprochen. Dann kann  der Mensch wirklich eine Ahnung von der Größe Gottes bekommen, staunen und sich freuen. Was nützt alles intellektuelle Wissen, was alles Anschauen und Hören, wenn das Herz nicht angesprochen wird. Vielleicht passt ja in dieser Woche ein Ausflug in die Natur in Ihren Plan. Dann nehmen Sie sich doch einfach einmal etwas mehr Zeit und nehmen Sie Bäume, Wiesen, Blumen und Bäche einmal nicht nur mit den Augen sondern auch mit dem Herzen wahr.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10834
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