SWR4 Abendgedanken BW

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Erikas Enkelin Annika fährt zum Evangelischen Kirchentag. Nach Dresden, mit ihrer Jugendgruppe. Am Mittwoch geht's los. Erika freut sich mit ihr - und sie erinnert sich.
„Weißt du noch", fragt sie Erwin, „wie wir mal hingegangen sind?"
„Oh ja", sagt Erwin, „in Stuttgart damals, 1970 muss das gewesen sein, wir waren gerade verheiratet."
„Das war 1969", korrigiert ihn Erika.
„Von mir aus. Ich weiß aber noch gut, wie skeptisch ich damals war, die Leute dort wollten alle die Welt verändern, dass alles gerecht wird und friedlich, aber ich hab nie daran geglaubt, dass das so leicht geht."
„Du warst ganz begeistert damals", erinnert sich Erika. „Endlich mal sind Leute beieinander, die gemeinsame Ziele haben."
„Hm", macht Erwin, „na ja, wenn man jung ist... Geht es diesmal auch wieder um so was Politisches?"
„Das Thema heißt diesmal: 'Da wird auch dein Herz sein'.
„Aha, und was soll das bedeuten?"
„Das steht in der Bibel. Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz."
„Ja, mein Schatz", sagt Erwin, „das ist ja schön. Mein Herz ist bei dir und soll auch da bleiben, ganz klar, aber ist das nicht zu persönlich? Wo mein Schatz ist und mein Herz, das geht ja eigentlich niemand was an."
„Moment", wendet Erika ein. „Das hast du jetzt aber absichtlich falsch verstanden. Menschen können ihr Herz an alles Mögliche hängen, nicht nur an andere Menschen."
„Ja" sagt er, „ich weiß schon: mein Auto, meine Karriere, meine Frau..., ist das nicht sehr abgedroschen?"
„In der Bibel geht es um den Mammon", sagt Erika. „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon."
„Dem Mammon! Was soll ich mir darunter vorstellen? Der Mammon ist das Geld, das ist mir klar, aber was heißt das, wenn einer dem Geld dient?"
„Na ja, dann ist ihm das Geld das wichtigste, er denkt nur an die materiellen Dinge, was er kaufen kann und besitzen, und vergisst, was sonst noch wichtig ist: die Gesundheit, das Lebensglück. Das kann man nämlich nicht kaufen."
„Ja", sagt Erwin, „du hast ja Recht. Aber ohne Geld geht es auch nicht, dann denkt man die ganze Zeit daran, wie man zu etwas kommt. Unter Mammon stelle ich mir noch was anderes vor. Nämlich eine Macht, die die Welt beherrscht. Keiner kann es mehr kontrollieren, das hat man doch gesehen die letzten Jahre. Und die Menschen lassen sich bestimmen von dieser Macht. Unterwerfen sich ihr geradezu. Ob die Annika dazu etwas hört auf dem Kirchentag? Und ob sie es schon versteht? Da bin ich jetzt richtig gespannt."

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