SWR2 Wort zum Tag

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„So höret nun ihr, die ihr ferne seid, was ich getan habe, und die ihr nahe seid, erkennet meine Stärke." heißt es in der Bibel. Hier redet Gott zu uns. „Erkennet meine Stärke", fordert er. Seine Worte klingen gefährlich - und das sollen sie auch.
 Gottes Stärke zu erfahren kann recht  unangenehm werden. Gott diskutiert ja nicht alles vorher mit mir durch, was er tut. Er fragt nicht: Ist es dir jetzt recht, krank zu werden? Er erkundigt sich nicht vorsichtig, ob ich eine Veränderung meiner persönlichen Verhältnisse für angebracht halte. Er nimmt die Menschen weg, die mir am liebsten waren. Und ohne dass ich mich wehren kann, verstrickt er mich in Schuld. Gott ist der Starke, der Unergründliche, der Mächtige. Die Menschen müssen sich fügen, ob sie wollen oder nicht.
Von Gottes Macht zu reden, ist aus der Kanzelmode gekommen. „Gott ist Liebe" geht viel leichter über die Lippen. Aber Gott ist eben nicht nur das kleine Jesus-Kind, nicht nur der Ohnmächtige am Kreuz. Er ist kein alter, schwacher Mann, dem wir unter die Arme greifen müssen. Er bekommt seinen Angelegenheiten auch ohne uns Menschen geregelt. „Erkennet meine Stärke", fordert er. Gott ist stark für die, die an ihn glauben. Gott setzt mit seiner Macht auch der Macht, die Menschen übereinander ausüben, eine Grenze. Aber wie ist das zu verstehen?
Als kleines Mädchen, hatte ich einen Trumpf, den ich, wenn es brenzlig wurde, hemmungslos ausgespielt habe. Dieser Trumpf war: mein großer Bruder. Wenn ich auf dem Schulhof um Hilfe bat, nach dem Motto: „Vernichte meine Feinde", war er zur Stelle. Ich wusste, was es heißt, seine Stärke zu fühlen: Wenn er mir den Arm rumdreht, konnte ich nur noch an seine Gnade appellieren und betteln: Aufhören! Aber andererseits verschaffte mir der  starke Bruder im Hintergrund Sicherheit. Er ließ mich nicht im Stich und setzte sich für mich ein.
Nun kommt die Zeit, da nützt einem ein solch starker Bruder nicht mehr viel. Aber genau darum ist es wichtig zu wissen: Was immer geschieht - es gibt keinen Grund, vor Menschen Furcht zu haben und klein beizugeben. Gott ist mehr als ein Mensch. Darin besteht seine Stärke, die wir fürchten sollen - und lieben. Darum ist „das Wesen unseres Glaubens Mut, nicht Furcht". (G. K. Chesterton)       

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