Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Der vergangene April gehörte zu den zehn trockensten April-Monaten seit 1881. Die Bauern beklagen sich, haben Ernteeinbußen. Und die Trockenheit habe ich auch bei uns im Garten gemerkt. Unser Rasen war richtig dürr. Er hatte sich kaum erst vom strengen Winter erholt. Von Eis und Schnee. Er war erst ein bisschen gewachsen und grün geworden. Und schon mussten wir mit viel Wasser helfen, dass der April nicht alles wieder verdorren lässt.
Warum kümmern sich eigentlich so viele Menschen so fürsorglich um grünes Gras? Der große mittelalterliche Theologe Albertus Magnus legt eine spannende Spur. Er schreibt: „Das Auge wird durch nichts so sehr erquickt, wie durch feines, nicht zu hohes Gras." Gras, das ist für Albertus Magnus mehr als nur frisches Grün. Ein gepflegter Rasen, das steht für den Theologen und Forscher für das Paradies. Denn im Paradies, da duftet es gut und da sieht alles schön aus, so malt sich das Albertus Magnus aus. Und Gras hat beides. Es riecht wunderbar, vor allem, wenn es gemäht wird. Und eine üppig grüne Rasenfläche, das ist einfach was fürs Auge.
Der trockene April aber erinnert mich daran, dass wir eben nicht im Paradies leben. Dass diese Welt nicht paradiesisch ist, sondern auch ihre Trockenheiten kennt. Schon die Bibel macht das in drastischen Bildern deutlich. Der Mensch selbst, so heißt es, „ist wie Gras und alle seine Herrlichkeit wie des Grases Blume. Das Gras ist verdorrt und die Blume abgefallen." (1 Petrusbrief 1,24) Das dürre Gras steht sinnbildlich dafür, dass Menschen endlich sind - und die Welt kein Paradies.
Vielleicht ist das einer der Gründe, warum sich so viele um ihr Stückchen Rasen kümmern. Als eine kleine Ahnung vom Paradies. Ich gehe auf jeden Fall heute Abend raus, wenn es nicht schon regnet, und stelle den Rasensprenger auf. Für mein kleines Stück Paradies.

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