SWR2 Wort zum Tag

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Präimplantationsdiagnostik - was für ein Wortungetüm. Und doch ist es zur Zeit in aller Munde und ein heiß diskutiertes, politisches Thema. Es geht dabei um die Frage, ob es gut und richtig ist Gentests an Embryonen durchzuführen, die durch künstliche Befruchtung entstanden sind. Embryonen mit Erbkrankheiten werden dann nicht in die Gebärmutter eingepflanzt, sondern „verworfen", wie es im Fachjargon heißt.
Es gibt viele Fälle, die deutlich machen: Die Präimplantationsdiagnostik könnte ein Segen sein. Für Paare, die sich ein gesundes Kind erhoffen, obwohl sie beide eine seltene Erbkrankheit weitergeben. Für Kinder, die von einer Krankheit geheilt werden können, weil sie ein gesundes Geschwisterkind bekommen.
Ich bin trotzdem gegen die Präimplantationsdiagnostik. Ich sehe nämlich die Gefahr, dass dabei kranke Menschen von vorne herein aussortiert werden. So sehr ich verstehen kann, dass werdende Eltern sich ein gesundes Kind wünschen und so sehr ich selber froh bin, gesunde Kinder zu haben: Ich glaube nicht, dass ich alles darf oder sogar tun muss, nur weil es technisch möglich ist. Die Horrorvision, die dahintersteckt, ist die des „gläsernen Menschen".
Wenn ich das weiter denke, kommt dabei eine Gesellschaft heraus, die von vorne herein alles über ihre Mitglieder weiß und die Behinderungen und Fehlentwicklungen ausschließt. Und wenn es sogar geboten ist, Behinderungen von vorne herein zu verhindern, dann wird das auch zu einer zynischen Botschaft. Für die, die heute behindert oder chronisch krank sind, würde diese Botschaft lauten: „Dich gäbe es gar nicht, wenn damals die Medizintechnik schon weiter gewesen wäre". Mein christliches Menschenbild sagt mir, dass jeder Mensch eine eigene Würde hat, die durch nichts aufgehoben werden kann. Gott hat jedem Menschen diese Würde gegeben, ganz egal ob er gesund oder krank, behindert oder nichtbehindert ist.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10678
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