Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Ich gehe davon aus, Sie kennen diese Situation: Es ist nur noch wenig Zeit, Sie sind spät dran, es gibt noch schnell das ein oder andere einzupacken, sie wollen ja nichts vergessen, sie spüren „Hektik pur", jemand ruft Ihnen auch noch zu: „Auf, auf beeil Dich, mach' schon!" - Momente, wie sie täglich passieren können; ich kann dies gut verstehen, denn auch ich komme nicht gern zu spät zu einem Termin, manchmal muss es dann einfach schnell gehen- und da ist Schnelligkeit dann wirklich angebracht.
Nicht immer jedoch ist es gut, wenn vieles „noch schneller" passieren muss, wenn „Autos noch schneller fahren müssen" und „Arbeit noch schneller erledigt sein muss", wenn wir „noch schneller von A nach B kommen". Glauben Sie etwa, dass es eine höhere Qualität hat, wenn wir „Zeit gewinnen" können, mal abgesehen von sportlichen Wettkämpfen, wo bereits Sekundenbruchteile über die Reihenfolge der Platzierung entscheiden können? „Guten Tag", sagte der kleine Prinz. „Guten Tag", sagte der Händler. Er handelte mit höchst wirksamen, durststillenden Pillen. „Man schluckt jede Woche eine und spürt überhaupt kein Bedürfnis mehr zu trinken". „Warum verkaufst Du das?" sagte der kleine Prinz. „Das ist eine große Zeitersparnis", sagte der Händler. „Die Sachverständigen haben Berechnungen angestellt. Man erspart dreiundfünfzig Minuten in der Woche." „Und was macht man mit den dreiundfünfzig Minuten?" „Man macht damit, was man will..." „Wenn ich dreiundfünfzig Minuten übrig hätte", sagte der kleine Prinz, „würde ich ganz gemächlich zu einem Brunnen laufen..." Ich möchte Sie für heute einfach mal ermuntern, manches langsam zu tun - es muss dadurch nicht schlechter sein, vielleicht gelingt es sogar besser! Versuchen sie doch einfach mal, langsamer unterwegs zu sein, nicht vieles „schnell, schnell" zu erledigen, sondern bewusster - dies kann beim Einkaufen sein, beim Unterwegssein zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem Auto, beim Gespräch am Telefon, bei der Arbeit am Computer, wo auch immer! Bestimmt können Sie spüren, dass es gut tut, sich von der Hektik um Sie herum nicht sofort anstecken zu lassen. Ich finde, es ist wohltuend, wenn ich den inneren Zwang, alles möglichst schnell zu erledigen, besiegen kann. Und ich staune immer wieder darüber, wie mir auf diese Weise mitunter sogar mehr gelingt.

  

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