SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Eine Minute lang die Augen schließen und einfach aufmerksam hinhören. Die Kinder in der Gruppenstunde sollten das mal versuchen. Eine simple Aufgabe eigentlich. Doch manche scheiterten schon daran. Sechzig Sekunden Stille können nämlich ziemlich anstrengend sein. Ständige Berieselung und unablässiger Lärm sind vielen so vertraut, dass sie plötzliche Stille als unangenehm, vielleicht sogar als bedrohlich empfinden. Manche Menschen lassen sogar am Bett noch Musik laufen, weil sie sonst nicht einschlafen können. Dauerbeschallung, so kommt es mir manchmal vor, kann ja etwas von einer Flucht haben. Wenn unablässig irgendwelche Geräusche, Musik, Stimmen auf mich einprasseln, komme ich gar nicht erst in Verlegenheit, vielleicht mal wahrzunehmen, was mit mir selber los ist. Ein Mönch erzählte mir einmal, dass manche Gäste, die ein paar stille Tage im Kloster verbringen wollen, sich erst mal unwohl fühlen. Sie kommen mit der Ruhe einfach nicht klar. Wissen nichts mit sich anzufangen ohne Fernsehen, Smartphone, Internet. Ohne ständige optische und akustische Berieselung. An Stille müssen sich manche erst wieder gewöhnen. Doch dann lassen sich vielleicht Dinge entdecken, die uns sonst gar nicht aufgefallen wären. Die Bibel hat dafür ein schönes Bild gefunden. Gott, so erzählt sie einmal, sei nicht im Erdbeben, nicht im Sturm und überhaupt in keiner vernichtenden Naturgewalt zu finden. Wohl aber im leisen Säuseln des Windes. Oder anders ausgedrückt: in der Stille.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10558
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