SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Erinnern sie sich noch daran, was sie am 11. September 2001 gerade taten? In genau dem Moment, als sie von dem großen Terroranschlag in New York hörten? Ich weiß es noch ganz genau. Manche Ereignisse brennen sich geradezu in unser Gedächtnis ein. Mit dem 26. April 1986 ist das nicht ganz so leicht. Ich war damals Student. Erinnern kann ich mich an sonnig milde Frühlingstage, als mich morgendliche Radiomeldungen über eine radioaktive Verseuchung aufhorchen ließen. Genaues wusste da noch niemand. Dass sich die dürren Meldungen erst Tage später als die größte Atomkatastrophe des Jahrhunderts entpuppen sollten, war heute vor 25 Jahren noch nicht absehbar.

Auch ich habe damals nach der Katastrophe gegen Atomkraft demonstriert. Doch wenige Monate später flaute der spontane Protest schon wieder ab. Vielleicht glaubten wir tatsächlich, dass so ein Unglück wie in der Ukraine bei uns nicht passieren könne. Die Rede vom Restrisiko freilich, die gab es auch damals schon. Eine mathematische Größe. Mir ist heute klar, dass das nie nur eine Frage der Wahrscheinlichkeitsrechnung war. Es ist immer auch eine Glaubensfrage. Wir glauben daran, dass wir eine Situation beherrschen können. Genauso wie wir daran glauben, dass die Bremsen im Auto auch bei starkem Regen zuverlässig funktionieren. Wie wir daran glauben, dass das Bungeeseil beim Sprung in die Tiefe hält. Oder wie wir glauben, dass die Brücke, über die wir gehen, uns trägt. Und doch gibt es bei allem, was wir tun, ein Risiko. Sogar in den banalsten Alltagsdingen. Das Restrisiko eben. Dass wir das trotzdem im Griff haben, es beherrschen können, daran glauben wir. Genau dieser Glaube hat in Fukushima nun ein paar hässliche Risse bekommen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10532
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