Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Wir waren verabredet für Spät Abends. Wir wollten uns treffen, wenn die Kinder im Bett sind und es sich besser reden lässt.
Es sollte um die bevorstehende Taufe der kleinen Tochter gehen.
Solche Gespräche bei den Leuten zu Hause sind mir wichtig. Wertvoll, wunderbar!
Und sie sind für manche Überraschung gut. Ich bin fast pünktlich, der Vater öffnet.
Er führt mich ins Wohnzimmer und erklärt mir dann gleich, dass die Kleinen einfach nicht einschlafen wollen und seine Frau noch oben bei ihnen im Zimmer ist.
„Nichts schlimm!" sage ich „Sie sind ja da! Wir zwei Männer kriegen das schon hin."
Aber was nach Entlastung klingen sollte, das sieht mein Gegenüber ganz anders.
Eher als peinlichen Druck. „Ach wissen Sie Herr Pfarrer, sagt er nachdenklich, „ich bin da wahrscheinlich nicht so ganz der Richtige.
Ich bin nicht so fromm. Ich kenn mich da nicht so aus. Außerdem lässt mein Dienstplan da auch wenig Zeit für." „Sie sind Polizist, habe ich erfahren"-  Er nickt.
„Ich stelle mir Ihren Beruf sehr spannend vor. Wie sieht ihr Alltag denn aus?" Jetzt fängt er in seinem Element. Das kann er gut. Einem ahnungslosen Pfarrer erklären, wie es in der freien Wildbahn da draußen zugeht, das fällt ihm nicht schwer.
Schließlich kommt er auf einen für mich  besonders interessanten Punkt. Es geht um die Funktion als Verkehrspolizist und dass man da Unfälle aufnehmen und dokumentieren muss. Ziemlich schwer.
„Und dann kommen wir an so einem Unfallort an, die Leute stehen Spalier, als obs was umsonst gäbe. Und kaum haben wir das Nötigsten veranlasst und geregelt, gehen wir auf unmittelbar dabeistehende Leute zu und fragen, was sie gesehen haben -
und wissen sie, was die antworten? Nichts! Nichts haben die gesehen. Alle! Niemand auch nur die leiseste Ahnung, was geschehen sein könnte. „Du findest heute keine Zeugen mehr. Niemand will eine Aussage machen!" Da geht die Wohnzimmertür auf.
Seine Frau steht da und entschuldigt sich. „Kein Problem" sage ich, „wir haben uns wunderbar unterhalten und ich habe viel dazu gelernt!"
Wir besprechen dann den Ablauf der Taufe und was es sonst noch an Fragen gibt. Auf dem Heimweg geht es mir nicht mehr aus dem Kopf! Niemand will eine Aussage machen! Menschenskind das ist doch wichtig für die Taufe. Eltern sind ja so was wie „Augenzeugen der Schöpfung". Und das ist kein Unfall. Das ist ein Glücksfall! Wer ein kleines Kind bekommt, der ist doch dem Schöpfer direkt in seine Werkstatt gelaufen.
Hat zugekuckt und am eigenen Leibe erlebt, wie es passiert, das Wunder des Lebens. Und jetzt kommt alles darauf an, das so Einer seine Aussage nicht verweigert. Sondern sich bereithält und bezeugt, wie er seinen Gott erlebt hat, sozusagen auf frischer Tat. Und so hab ich das dann auch am Taufsonntag in der Kirche erklärt, was es bedeutet, das Versprechen, seine Kinder im christlichen Glauben zu erziehen.
Ganz einfach: Die Zeugenaussage nicht verweigern.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10504
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