SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Die Osterbotschaft: „Gott schafft Recht"

Eine Weile waren sie sprachlos, die Zeugen der Auferstehung Jesu. Allmählich erst haben sie Worte gefunden für das, was ihnen widerfahren war. Sie wollten selbst verstehen, was geschehen war, und sie wollten es anderen mitteilen können. Als gläubige Juden fanden sie ihre ersten Worte in den ihnen vertrauten Gebeten, den Psalmen,  die sie nun auf das bezogen, was mit Jesus geschehen war. „Gott hat acht auf das Blut, das vergossen wurde. Nie vergisst er den Notschrei der Gebeugten." (Ps 9). „Er errettet aus der Schlinge des Jägers. Er befreit aus dem Verderben." (91,3). Die Worte ihrer Gebete inspirierten die Osterzeugen dann auch in ihrer Predigt: „Der Gott unserer Väter hat Jesus, der ans Holz gehängt und umgebracht wurde, auferweckt. Wir sind Zeugen dieser Ereignisse. (Apg 5)
Von Jesus, der zu Unrecht verurteilt und getötet wurde, sprachen die Osterzeugen nicht in erster Linie, um anzuklagen, sondern um von Gott zu sprechen, so wie er ihnen in ihrer Geschichte bekannt geworden war: „Er vergisst die Gedemütigten nicht. Aus der Hand der Unterdrücker wird er sie befreien". Auch dieses Wort aus Psalm 135 öffnete ihnen die Augen für Gottes Wirken an Jesus: „Der ans Kreuz geschlagen und getötet wurde, den hat Gott auferweckt und aus den Wehen des Todes befreit". (Apg 2) Gott befreit und Gott schafft Gerechtigkeit - dieses Motiv aus den Gebeten Israels taucht im Zusammenhang von Ostern immer wieder auf. Die Frage der Gerechtigkeit treibt Menschen bis heute um. So formuliert der Philosoph Max Horkheimer am Ende seines Lebens die Hoffnung: „Dass es bei diesem Unrecht, durch das die Welt gekennzeichnet ist, nicht bleibe, dass das Unrecht nicht das letzte Wort sein möge". Und Theodor Adorno: „Wenn es wirklich Gerechtigkeit in der Welt geben soll, dann muss es eine Gerechtigkeit für immer und für alle, und damit auch für die Verstorbenen sein. Es muss eine Gerechtigkeit sein, die das unwiderruflich Vergangene widerrufen und gutmachen kann. Es muss folglich die Auferstehung der Toten geben." Dass die Täter nicht über ihre Opfer triumphieren mögen, dieser inständige Wunsch  spricht aus dem Zeugnis derer, die das Leiden und Sterben Jesu miterlebt haben. Sie sind überzeugt, dass Gott diese Hoffnung in Jesus  erfüllt hat, der lebt und wirkt bis heute.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10461
weiterlesen...