SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

„Gestern Abend habe ich gesündigt" - eine allseits bekannte Erfahrung und Redeweise. Zu viel gegessen, zu viel getrunken, über die Stränge geschlagen. Wenn's bei ein-, zweimal bleibt, ist's gewiss nicht schlimm, und mit Augenzwinkern lässt sich davon erzählen. Aber selbst bei solch einer Lappalie ist noch klar: Sünde ist ein Verhalten, mit dem ich mir schade und meist auch anderen. Eine Grenze wird überschritten, und das kann nicht gut gehen, auf Dauer jedenfalls. Entsprechend ist in diesen Frühjahrszeiten oft zu hören: Ich muss ein paar Pfund abnehmen, ich geh ins Fitnessstudio und mache wieder Sport, ich mach Diät, ich esse Trennkost oder nehme metabolisch ab. Offenkundig ist das Bedürfnis, abzuspecken und wieder in Form zu kommen. Da wird entgiftet und ausgeleitet, da wird reduziert und trainiert. Wo man gesündigt hat, gilt es etwas wieder gut zu machen und ins Lot zu bringen. Nicht nur der Leib braucht Diät, auch die Seele. Auch da kann sich unnötig Fett ansetzen. Zu den Zivilisationskrankheiten gehört hierzulande z.B. der Neid.. Wie schnell schleicht sich das Gift negativen Denkens ein. Dann kann ich's keinem mehr recht machen, dann stößt Bitterkeit auf, das Zusammenleben wird schwierig. Die vierzig Tage vor Ostern heißen nicht zufällig Fastenzeit. Vorgeschlagen wird eine spirituelle Entschlackungskur. Beten und Fasten sind seit alters besondere Formen, mit Gott und sich selbst wieder ins Reine zu kommen, wortwörtlich: Eine Diät für Leib und Seele. Sünde ist immer ein Verhalten, bei dem wir uns und anderen schaden - und damit dem Schöpfer nicht die Ehre geben. Denn der hat alles sehr gut eingerichtet; er will, dass wir, wortwörtlich, in Ordnung sind und in Form bleiben. Sünde ist kein Kavaliersdelikt, es ist die Tragödie des falschen Lebens. Abends mal sündigen - das ist ja harmlos gegenüber all dem Unrecht in uns und um uns. Nicht nur das manifest Böse ist es, das zerstörerisch wirkt. Fast abgründiger noch sind die Folgen des Guten, das wir unterlassen. Wie viel verpasste Chancen, wie viel nicht genutzte Gelegenheiten. Da braucht's schon konsequente Verhaltensänderung. Jede Diät fängt mit der Diagnose an, und dann kommt die Einübung - und das Tag für Tag. Einige von den 4o Tagen Fasten- und Trainingszeit sind schon um. Ein Weiser aus dem frühen Christentum sagt deshalb: „Wer seine Sünde gesehen hat, ist größer, als wer Tote auferweckt." (Isaak von Antiochien)

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