SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Ein Joghurt heute morgen, vielleicht ein Müsli, alles eingepackt in Plastikbecher oder Folie - schon ist wieder ein kleiner Haufen Müll entstanden. Was kommt nicht alles allein in dieser Woche an Abfall zusammen - im Haushalt schon, auf den Straßen und Plätzen, auf der Bahn oder in der Stadt. Gäbe es die Müllabfuhr nicht - nicht auszudenken, wie es rund herum aussähe. „Für eine saubere Stadt" lese ich derzeit auf den Wahlplakaten. Verschmutzung ist weltweit ein Thema, besonders dramatisch beim Klima und in der Entsorgung des Atommülls. Der Mensch ist nicht nur das denkende Tier und der erfinderische Geist, er ist auch eine gewaltige Dreckschleuder. „Die Krone der Schöpfung, das Schwein, der Mensch", dichtete Gottfried Benn angesichts von Kriegselend und Seuchen.
Es gibt ja nicht nur den Müll, den man haufenweise in Säcke und Tonnen verstaut, es gibt bekanntlich auch den inneren Müll. „Nicht, was in den Menschen hineinkommt, macht ihn unrein; nein, was aus dem Inneren herauskommt." Das ist die Grundüberzeugung Jesu.
Ganze Müllsäcke ließen sich füllen mit bösen oder miesen Gedanken. Es müssen ja nicht gleich die berühmten Leichen im Keller sein. Aber was belastet Beziehungen, wenn nicht die fehlende ehrliche Aussprache? Manche Verletzung kann nicht heilen, weil es an Wohlwollen und Achtsamkeit fehlt. Das verschluckte offene Wort, die nicht gewagte Auseinandersetzung, das einfach vergessene Dankeschön - sie können Verhältnisse vergiften. Beziehungsmüll sammelt sich an, Seelenmüll. Wohin mit den unerledigten Geschäften, mit dem nicht gewagten Leben oder der nicht gesühnten Schuld? „Gutes unterlassen und Böses getan", so heißt es lapidar im christlichen Sündenbekenntnis. Tag für Tag beten deshalb Christen im Vaterunser: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben haben unseren Schuldigern". Was draußen die bezahlte Müllabfuhr ist, ist in der christlicher Spiritualität der Glaube an die Vergebung Gottes, freilich unbezahlbar und kostenlos. „Er hat für uns genug getan", so singen die Christen zu Ostern. Jesus der Christus, ist für sie „das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegschafft". Eine Müllabfuhr der besonderen Art. Nichts wird hinweg gezaubert, nichts wird verharmlost, ganz im Gegenteil: Was bisher unter der Decke schmort, kann angeschaut und bearbeitet werden. Wo schleichendes Gift Beziehungen lähmt, kann es aufgespürt und verwandelt werden. Selbst die schlimmste Schuld kann zur glückseligen werden. Ein Recycling-Verfahren der besonderen Art. Diese christliche Fehlerfreundlichkeit gehört zum Osterfest. Deshalb sind diese 40 Tage vor Ostern so wichtig, zur inneren Müllentsorgung.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10359
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