SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Ich war's. Das ist ein Satz, den man üben muss. Ich versuche es seit Aschermittwoch. Sieben Wochen ohne Ausreden. So heißt das Thema der Fastenaktion der Ev. Kirche in diesem Jahr.
Ich war's. Ein Satz von großer Tragweite, je nach Situation. Bei banalen Alltagssituationen wie beim Zuspätkommen fällt er in der Regel nicht allzu schwer. Bei den großen Themen im Leben ist das dann schon etwas anderes. Denn mit diesem Satz übernehme ich Verantwortung für einen Zustand oder eine Situation, die nicht gut ist, die anders werden muss.
Ein eindrückliches Beispiel erzählt dazu die Bibel in der Geschichte vom Zöllner Zachäus (Luk. 19,1-10). Er kassiert Steuern für die Waren und Menschen, die in seiner Stadt aus- und eingehen. Das ist für die Betroffenen nicht angenehm, Zachäus bekommt das zu spüren: Die Leute halten ihn für einen, mit dem man lieber nichts zu tun haben will. Weil er, wie es scheint, seinen Beruf nicht korrekt ausgeübt, sondern sich nebenher persönlich bereichert hat. Ich stelle mir vor, dass er hier mal mehr nimmt, dort nur einen ungefähren Preis nennt, jenen vielleicht auch einmal so passieren lässt, jedenfalls für unklare Verhältnisse und damit für Unmut und Ungerechtigkeit sorgt. Dass Jesus sich ausgerechnet bei ihm zum Essen einlädt, als Gast in sein Haus kommen will, das ist ein Skandal für die Leute: Mit solchen Leuten gibt sich Jesus ab? Unerhört!
Zachäus zögert nicht, er heißt Jesus in seinem Haus willkommen. Die Freundlichkeit Jesu überwältigt ihn. Er erkennt: Was ich getan und wie ich mich verhalten habe, war nicht richtig. Keine Ausflüchte. Es waren nicht die Umstände, es war nicht der Druck, der auf mich ausgeübt wurde, es war nicht die günstige Gelegenheit, die doch wahrscheinlich jeder ergriffen hätte. Sondern Zachäus muss vor sich und vor anderen zugeben: Ich habe mich bereichert. Ich war's. Als das aus ihm raus ist, ist er befreit. Mit freiem Kopf und Herzen kommt er auf neue Ideen: Ich gebe die Hälfte von meinem Reichtum den Armen, und wen ich betrogen habe, der bekommt es mit Zinseszins, vierfach, zurück.
Es wird nicht erzählt, dass Zachäus in der Folge dieser Begegnung seinen Beruf oder seinen Wohlstand aufgibt. Aber dass er in Ordnung bringt, was falsch war. Er übernimmt Verantwortung für das, was war. Er ändert sein Denken und damit auch sein Tun.
Ich war's: Dieser Satz verschafft neue Freiheit. Weil der, der ihn sagt, erlebt: In dieser Einsicht bin ich nicht verloren. Sondern ich bin auch dann gehalten von Gott. Ich kann mich ändern, kann neu denken und handeln. Ich war's, das heißt: Ich will, dass es anders wird.

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