SWR4 Abendgedanken BW

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Familienfeste sind manchmal ein Anlass zurückzudenken. Wie war das bei uns damals? Erwin und Erika geht es jedenfalls so. Ihre Enkelin Annika hat bald Konfirmation, und bei den Großeltern werden Erinnerungen wach.
„Wenn ich an meine Konfirmation denke", sagt Erwin, „dann fällt mir vor allem ein, wie ich stecken geblieben bin bei den Sprüchen, die wir aufsagen mussten. Einmal nur, aber vor der versammelten Verwandtschaft. Das hab ich dann den ganzen Tag über zu hören bekommen."
„So ist das heute nicht mehr", sagt Erika. „Annika sagt, das meiste dürfen sie ablesen, und sie haben es sowieso selber formuliert."
„Wie - selber formuliert?"
„Ja, die haben im Unterricht aufgeschrieben, was ihnen wichtig ist. Was sie glauben, und so."
„Ach", sagt Erwin, „das find' ich ja interessant. Also, sie sagen wirklich das, was sie selber glauben und nicht das, was sie glauben sollen? Kann man das mit 14?"
„Wie war das bei dir damals?", fragt Erika zurück.
„Also, ich hätte vielleicht vor allem ein paar Fragen gehabt", sagt Erwin. „Aber die hat ja  keiner hören wollen. Was ich wirklich glaube - das weiß ich doch heute als alter Mann kaum. Im besten Fall kann ich sagen: manches würde ich gerne glauben. Dass es eine Gerechtigkeit gibt zum Beispiel. Dass mit dem Tod nicht alles aus ist. Solche Sachen. Aber sind das die Fragen, die für die Jungen heute wichtig sind?"
„Ach, zum Teil vielleicht schon", sagt Erika, „das werden wir ja dann hören."
„Aber bevor sie eingesegnet werden, müssen sie doch „Ja" sagen. Oder ist das heute nicht mehr so?"
„Ich denke schon", sagt Erika. „das gehört bestimmt noch dazu."
„Aber da muss doch klar sein, wozu die Ja sagen, das kann doch nicht irgendwas sein."
„Hm", sagt Erika, „wenn ich an meine Konfirmation denke... , da gings doch darum, dass Gott Ja sagt zu mir. Und dass ich gefragt werde, ob ich das annehme. Also, mein Ja soll eine Antwort sein auf Gottes Ja. Das hab ich nie vergessen."
„Das ist ja auch einfach", sagt Erwin.
„Nein", sagt Erika, „mit 14 kann das schwierig sein. Da weiß man doch noch gar nicht, wer man eigentlich ist. Aber das habe ich verstanden, dass es darum geht beim Glauben. Ja sagen  zu Gottes Ja. Und nicht um die richtigen Sätze. Und das hat mir damals sehr geholfen."
„Also", sagt Erwin, „und was du auswendig gelernt hast, das war dann für die Katz?"
„Nein", sagt Erika, „man muss doch auch Worte finden für seinen Glauben. Mich hat nicht gestört, dass das alte Worte waren und ich nicht alles verstanden habe. In manches wächst man ja auch rein."
„Bei mir war das anders", sagt Erwin, „und ich bin gespannt, welche Worte die Jungen heute finden."

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