SWR4 Abendgedanken BW

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In diesen Tagen ist Erwin ein bisschen nachdenklich. Seine Enkelin Annika wird demnächst konfirmiert. Es ist nicht die erste Konfirmation in der Familie, aber dieses Mal ist es für Erwin etwas ganz Besonderes. Vielleicht liegt es daran, dass Annika das erste Kind in der Familie war, für das er wirklich Zeit gehabt hat. Er hat ihre Entwicklung von Anfang an mitverfolgt. War mit ihr spazieren, hat stundenlang vorgelesen. Und sie hat gestrahlt, wenn sie zum Opa durfte. Inzwischen kommt sie nicht mehr so oft vorbei, aber er spürt immer noch eine starke Verbindung. Und in letzter Zeit denkt er oft darüber nach, wie das wird in den nächsten Jahren, wenn sie nun bald erwachsen ist.
Wie ist das mit der Konfirmation?, überlegt er. Was bedeutet es für unsere Annika, mal abgesehen vom Familienfest und den Geschenken?
Erika kennt sich in diesen Dingen besser aus, denkt Erwin, also fragt er sie.
„Man sagt doch auch Einsegnung zur Konfirmation? Ist das immer noch so?"
„Ja", sagt sie, „die werden einzeln mit Namen aufgerufen, dann gehen sie in einer kleinen Gruppe vor den Altar und knien nieder, und der Pfarrer legt ihnen die Hände auf den Kopf und sagt ein Segenswort."
„Ja, so muss es sein", sagt Erwin. „Eigentlich ist das genial."
Erika wundert sich ein bisschen über seine Begeisterung.
„Na ja" sagt sie, "so außergewöhnlich ist es auch wieder nicht. Einen Segen gibt es auch am Schluss von jedem Gottesdienst."
„Aber das ist anders", sagt Erwin. „Bei der Konfirmation ist es etwas ganz Besonderes."
Erika ahnt, was ihn bewegt, aber sie will es noch ein bisschen deutlicher hören.
„Ach", sagt sie, „Beim Segen geht es darum, dass ich unter den Schutz Gottes gestellt werde. Der Herr segne dich und behüte dich..., und das braucht man doch in jeder Lebenslage."
„Aber in dem Alter finde ich das besonders wichtig", sagt Erwin. „Die stehen doch so dazwischen. Keine Kinder mehr, aber erwachsen auch noch nicht. Man möchte ihnen noch so viel mitgeben, aber sie sind so kritisch und lassen sich nichts sagen. Das muss wohl so sein, aber..."
„Man weiß nicht, wo ihr Weg hingeht", sagt Erika. „Meinst du das?"
„Ja", sagt er, „man muss sie ziehen lassen, und Vertrauen haben, dass es gut wird. Und da ist der Segen, den sie bekommen, eine Beruhigung. Weil es den Eltern zeigt: Die geht jetzt ihren Weg. Unter Gottes Schutz. Hoffentlich. Und die Gruppe um sie rum, das ist die Zukunft, mit denen geht sie durch ihr Leben. Wir können sie nicht mehr beschützen. Es ist ganz gut, wenn den Eltern das klar wird."
Für die Großeltern ist es auch wichtig, denkt Erika, und für einen Großvater anscheinend ganz besonders.

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