SWR3 Gedanken

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Ein Schrei, ein Scheppern, ScherbenKlirren - ich renne ins Bad: da steht die kleinste vor den Resten ihrer Hyazinthe im einstmals roten Blumenglas.
Aus dem Zorngeheul bekomme ich heraus, dass sie selbst die Pflanze von der Ablage geworfen hat. Aus Wut. Aus Wut darüber, dass sie schon verblüht und „nicht mehr schön" war.
Die ältere Schwester hilft beim Scherbensammeln und erklärt: „die ist nur für jetzt nicht mehr schön. Aber wenn wir die Blumenzwiebel in die Erde machen, blüht sie nächstes Jahr wieder. Ganz schön!"
„Warum?" schluchzt die Kleine.
„Weil das halt so ist." Amelie wird ganz energisch, „Die Blume hat jetzt ihre Kraft verbraucht. Sie ist erst mal  tot. Deshalb muss sie in die Erde."
„Wie Opa?"
„Ja, nur ohne Sarg. Und nächstes Jahr kannst du im Garten gucken, ob sie wieder lebendig ist."
„Der Opa auch?"
Die große Schwester schaut mich verzweifelt an und versucht eine Antwort: „Nein der Opa kann nicht blühen, der ist ja keine Blume."
„Ach so", schnieft die kleine Schwester. Dann fällt ihr noch was ein.
„Und Jesus? Der ist auch manchmal tot und dann wieder nicht."
Amelie gibt nicht auf. „Na ja, irgendwie schon - aber nee, der war nur einmal kurz tot. Und jetzt lebt er immer."
Ich will Amelie aus der Klemme helfen: „los, wir gehen jetzt runter und graben die Hyazinthenzwiebeln ein."
„Ok", sagt die kleine Schwester, „dann kann der Opa dem Jesus helfen, dass sie blühen."

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