SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Auf meinem Schreibtisch steht eine kleine hölzerne Babuschka. So eine, die man in der Mitte öffnen kann, und dann noch viele weitere immer noch kleinere Babuschki entdeckt.
Ich habe sie von einer russischen Frauengruppe geschenkt bekommen. Immer mal wieder packe ich sie alle aus und staple sie sorgfältig wieder ineinander.
Ein Spielzeug, ein Zeitvertreib - und irgendwie auch ein Gleichnis dafür, wie das Leben sich so entwickelt.
Wenn ich mein Leben anschaue, habe ich mich schon etliche Male neu ausgepackt, habe versucht, mich sozusagen neu zu erfinden.
Jedesmal ging es darum herauszufinden, was wirklich zu mir gehört, und was ich in Zukunft nicht mehr brauche, um ich zu sein. Beruhigend zu entdecken, dass es Dinge gibt, die kontinuierlich zu mir gehören. So fühle ich mich zum Beispiel noch im größten Umbruchschaos von Gott begleitet, ja umhüllt. Und ganz egal, wie ich mein Aussehen verändere, modisch oder körperlich, ich erkenne mich im Spiegel untrüglich wieder.
Und doch lasse ich Stufe für Stufe auch etwas zurück. Tricks und Ausreden, die ausgedient haben, weil ich mit der Zeit besser weiß, was ich kann und was nicht. Unsicherheiten und Überreaktionen, die ich kenne und endlich überwunden habe.
Ganz am Ende dieses Lebensprozesses stehe ich hoffentlich irgendwann da wie eine geläuterte kompakte und glückliche Babuschka. Wie die kleinste russische Puppe auf meinem Schreibtisch. Die mir übrigens manchmal einen Bibelspruch zuflüstert „Fürchte dich nicht. Ich bin mit dir. Ich stärke dich, ich helfe dir auch".
Also gut, Gott, denke ich, mal schauen, was ich noch  abgeben kann....

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10294
weiterlesen...