SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Fellflusen von der Katze in jeder Ecke. Unter dem Teppich vereinen sich Tannennadeln mit Plätzchenkrümeln. Schmierige Kinderhände haben Spuren an Türen und Wänden hinterlassen. Die Fensterscheiben lassen die Sonne nur streifenweise durch. Ich muss nicht lange überlegen: Zeit für den Frühjahrsputz.
Was in den Wintermonaten gemütlich schien und irgendwie heimelig, passt nun mehr zum Drang nach Licht und Luft und Draußen.
Und mit jedem Zimmer, jedem Regalbrett, das ich von Staub und Schmutz befreie, fühle ich mich leichter, luftiger. Ich freue mich plötzlich wieder an meiner Wohnung, an den Büchern, den Bildern, dem Blick nach draußen und den Vasen und Gläsern, in denen sich das Licht brechen kann.
Das Frühjahr mit seinen neuen Lebensimpulsen hat endlich Platz bei mir Zuhause. Ich habe Raum geschaffen.
In meiner Wohnung und dabei auch in mir selbst. Beim Aufräumen und Putzen überträgt sich offensichtlich die körperliche Tätigkeit auf das Innenleben.
Mein heimlicher Groll über die Freundin, die sich Weihnachten nicht gemeldet hat, ist verflogen; ich werde sie anrufen. Meine gemischten Gefühle gegenüber den Kindern, die langsam pubertär und nicht nur süß sind, haben einer großen Neugier Platz gemacht: wie werden sie sich entwickeln? s Jahr machen. Meine Unlust angesichts der neuen Projekte, die beruflich anstehen, wird verdrängt von einer großen Zuversicht: ich bin ja nicht allein, ich schaff das schon.
Insofern passt der Frühjahrsputz zur Fastenzeit: sieben Wochen, in denen ich mich neu ausrichte, mich von dem löse, was mich bitter, unbeweglich, unversöhnlich macht. So durchgeputzt kann an Ostern dann wirklich alles neu werden.

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