SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Eigentlich ist der November der klassische Monat, um an die Verstorbenen zu denken. Da ist es ja auch die meiste Zeit des Tages grau und dunkel und neblig. Ganz von allein wird man irgendwie melancholisch und schwelgt in Erinnerung.
Aber gestern war der Todestag Goethes, und ich bin froh, dass dieser Tag in diese Vorfrühlingstage fällt.
Für mich verbindet sich mit dem großen Dichter ein ganzer Schatz an wunderbaren Gedichten, Dramen und Erzählungen. Und die passen viel besser in eine lichte Jahreszeit. Überhaupt verliert der Tod seine Schrecken, wenn ich draußen das viele Grün und die bunten Frühblüher wachsen sehe. Jede Narzisse predigt jetzt auf ihre Weise, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, dass das Leben stärker ist als der Tod und dass die ganze Schöpfung von Leben durchpulst ist.
Ich kann mir plötzlich besser vorstellen, dass die Menschen, die mir lieb waren und schon verstorben sind bei Gott sind. Dass es dort vor Leben überquillt.
Goethe sitzt in meiner Vorstellung mittenmang dabei und zitiert seine Verse. Passend zum März:

Wär nicht das Auge sonnenhaft,
Die Sonne könnt es nie erblicken;
Läg nicht in uns des Gottes eigne Kraft,
Wie könnt uns Göttliches entzücken?

Für Goethe steckte in jeder Blume die aufblüht etwas von der Lebenskraft Gottes, die sich mir bis heute mitteilt. In wärmenden Sonnenstrahlen, in blühenden Bäumen, in Gedichten und in Erinnerungen an Menschen, die mich begleitet haben.

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