SWR2 Wort zum Tag

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SGW. „So Gott will". Ein üblicher Spruch noch vor ein, zwei Generationen. Beim Abschied hatte er seinen Platz, beim Auf-Wiedersehen-Sagen. Wir sehen uns wieder - So Gott will. Der Satz taugte für alles, was in der Zukunft lag: Der Hausbau wird klappen - So Gott will. Ich werde eine gute Stelle finden - So Gott will.  Manchmal hat man das sogar abgekürzt: SGW. So wie heute unter Jugendlichen im Mailen oder beim Chatten Abkürzungen üblich sind. Hdl - hab dich lieb. SGW. So Gott will. Der Spruch hat mir immer Unbehagen gemacht. Ich weiß doch gar nicht, was Gott will. Und ist es nicht leichtfertig, mit Gottes Willen so zu hantieren? Klappt nämlich mal was nicht, dann war es eben nicht Gottes Wille. Und der Mensch hatte sich einfach zu fügen. Nach dem Motto: Der Mensch denkt, Gott lenkt.  So Gott will. Früher war mir dabei nur unbehaglich. Heute, am vierten Tag nach dem brutalen, zerstörerischen Erdbeben im Pazifik, finde ich diesen Satz nur noch zynisch und menschenverachtend. So Gott will. Was ist das für ein Gott, der so etwas will? Ich habe viele Bücher gelesen über die Theodizee, die Rechtfertigung Gottes angesichts von Elend und Leid in der Welt, die Rechtfertigung Gottes, angesichts zerstörerischer Kräfte in der Natur. Und es ist mir schon klar, dass Gott nicht einfach in diese Welt eingreift und ein Erdbeben stoppt oder einen Tsunami verhindert, so sehr ich mir das auch wünschen würde. Ich glaube, wir Menschen sind auch auf dieser Erde, um mit unserer eigenen Kraft Leben zu gestalten - in und mit der Natur, und eben auch  im Kampf mit den Kräften der Natur. Freiheit und Verletzlichkeit gehören zusammen. Aber diese  Gedanken  schmecken schal - wenn ich nach Japan schaue. Und wenn ich an die vielen Toten und Vermissten denke. Da soll Gott nichts mit zu tun haben? Der Gott, der in der Bibel als menschenfreundlicher und fürsorglicher Gott erfahren wird? Ich merke, ich bin mit diesem Gott noch lange nicht fertig. Ich kann nur weiterfragen und mich an Antworten herantasten. Eine davon könnte heißen: Gott leidet mit den Menschen. Steht ihnen bei, begleitet sie, ist Trost, wenn kein Trost da ist. Und zu erfahren ist Gott vielleicht auch durch die vielen Menschen, die jetzt in Japan Hilfe leisten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10214
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