SWR2 Wort zum Tag

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Homosexualität in der Kirche: Viele verstehen die Diskussion darüber nicht mehr. Wie kann man immer noch darüber streiten, ob ein Pfarrer mit seinem Partner gemeinsam im Pfarrhaus leben kann oder nicht. ‚Hat die Kirche keine anderen Sorgen', fragen viele. Hat sie.
Und trotzdem. In der evangelischen Kirche wird zurzeit sehr kontrovers über homosexuelle Pfarrer diskutiert. Evangelische Synoden sollen ein Gesetz verabschieden, das vorsieht, dass ein Gemeindepfarrer oder Pfarrerin mit ihren gleichgeschlechtlichen Partnern im Pfarrhaus leben können.
Auch wenn viele das schwer verstehen, für viele Christen ist das eine Grundsatzfrage. Und Grundsatzfragen können in der Kirche nicht einfach pragmatisch entschieden werden. Man kann sich auch nicht nur anpassen, wenn sich Wert- und Lebensvorstellungen in der Gesellschaft wandeln. Grundsatzfragen werden in der evangelischen Kirche immer im Gespräch mit der Bibel geklärt. Sie ist Basis und Orientierungsmarke, nicht nur für den Glauben, sondern auch für die Art und Weise wie das Leben gelingen kann.
In der Bibel stehen Sätze, in denen homosexuelle Praxis energisch abgelehnt wird, als „Gräuel" oder als „gegen die Natur". Das kann niemand, der die Bibel ernst nimmt, wegwischen.
Trotzdem finde ich persönlich richtig, dass homosexuelle Partner miteinander im Pfarrhaus leben können. Und ich hoffe sehr, dass Synoden in diesem Sinn entscheiden.
Wieso? Für mein Verständnis würde ein Verbot des Zusammenlebens gegen andere Stellen in der Bibel stehen, die ich für wichtiger erachte und zentraler.
Das gibt es öfter, dass man bei Auseinandersetzungen biblische Aussagen miteinander abwägen muss. Ich finde man muss die verschiedenen Lebensverhältnisse sehen, um zu verstehen, was biblische Sätze heute bedeuten. In den Passagen, in denen die Bibel von gleichgeschlechtlicher Sexualität spricht, geht es nicht um Lebenspartnerschaften. Ich kann darum eine homosexuelle Partnerschaft heute nicht mehr als „Gräuel" verstehen, weil ich dann die Nächstenliebe missachten würde. Für mich bedeutet Nächstenliebe, dass ich Sexualität und Glück des anderen nicht unmöglich mache, sondern achte und ihm gönne, wenn er verantwortlich lebt.
Ich stelle mir vor, wie es wäre, wenn eines meiner Kinder einen gleichgeschlechtlichen Partner hätte? Ich könnte doch nicht sagen, ich liebe Dich zwar, aber nur, wenn Du Deinen Partner vor mir versteckst und Dich damit verleugnest. Menschen, die einander lieben und auf Dauer Verantwortung füreinander übernehmen, ich glaube, die leben nicht gegen ihren Schöpfer.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10114
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