SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

„Ist es am Sabbat erlaubt, das Gute zu tun?" Im Matthäusevangelium stellt Jesus diese Frage. Vor ihm sitzt ein Mann mit einer verkrüppelten Hand. Um ihn herum stehen Schriftgelehrte, die Jesus beobachten, um ihn anklagen zu können, denn nach dem Gesetz ist es verboten, am Sabbat jemand zu heilen. Jesus heilt den Mann, aber die Schriftgelehrten bleiben ihm die Antwort schuldig. Sie hätten auf seine Frage eingehen können. „Ist es am Sabbat erlaubt, das Gute zu tun?" Darf man, um zu heilen die Sabbatruhe vor Gott unterbrechen? Sie hätten das als Aufforderung hören können, um gemeinsam darüber nachzudenken, was denn das Gute ist. Sie hätten ihrerseits Jesus fragen können: „Was ist denn für dich das Gute?" Sie hätten ihr Unbehagen darüber äußern können, wie grundsätzlich und eigentlich unannehmbar die Alternativen sind, vor die Jesus von Nazareth sie in seiner Frage stellt: „Ist es erlaubt, das Gute oder das Böse zu tun, ein Leben zu retten oder es zu töten?" Zwei Hinweise bekommen wir hier zur Frage nach dem Guten. Das Gute tun - dem entspricht „ein Leben retten". Das Gute ist der Sieg des Lebens. Das ist der eine Hinweis. Der andere ist die radikale Gegenüberstellung: Es gibt nichts zwischen dem Guten und dem Bösen. Ein Leben nicht retten ist gleichbedeutend damit, es zu töten. Das ist auch für unsere Ohren schwer zu hören. Das Gute tun, damit ist hier also nichts gemeint, was besonderen ethischen Ansprüchen genügt. Alles, was dazu verhilft, dass ein bedrohtes Leben nicht untergeht, ist gut. Das können einfache Gesten und Worte sein, wie sie von Jesus selbst überliefert werden. Soweit klingt ja alles ganz leicht. Aber Jesus ist noch anspruchsvoller. Wer eine einfache Geste unterlässt, die zerbrechliches Leben stärken kann, der tötet den anderen. Es ist nicht gleichgültig, ob ich einem  gelähmten, gefangenen oder danieder liegenden Leben Kraft gebe, so dass es sich wieder aufrichten kann. Das Leben soll gut sein, das heißt, es soll Zukunft haben können. Das Gute ist also nicht eine Qualität die hinzukommt, sondern es ist die Bedingung seiner Zukunft, die durch Krankheit, durch Trauer und Verzweiflung, aber auch durch die Gewalt anderer Menschen bedroht wird. Um die gute Zukunft von allem, was lebt, geht es im Evangelium. Es ist die Botschaft vom radikalen Gutsein des Lebens. Demgegenüber rücken Gebote in die zweite Reihe, mögen sie noch so heilig sein, wie das Gebot der Sabbatruhe. Als Bote des Evangeliums kann Jesus von Nazareth nicht anders, als das Gute radikal mit dem Leben zu verbinden. 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10105
weiterlesen...