Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Wir Deutschen sind Weltmeister im Reisen. Und es spricht alles dafür, dass wir diesen Titel auch 2011 wieder verteidigen. Gerade am Ende des Winters freuen sich viele darauf, dass es wieder nach draußen geht. Endlich! Raus aus der Enge der eigenen vier Wände. Sich auf den Weg machen. Neues kennenlernen, Fremdes erleben. Aber jeder kennt auch die Sehnsucht nach einem gemütlichen Zuhause, einem vertrauten Ort, an dem man geborgen ist. Wohin man wieder zurückkommen kann, wo man daheim ist. Der Mensch lebt in dieser eigenartigen Spannung von Aufbruch und Rückkehr, Kommen und Gehen, Heimat und Fremde. Nirgendwo scheint die Sehnsucht nach Ruhe und Geborgenheit wirklich erfüllt zu sein, weder daheim noch anderswo. Der Schriftsteller Heinrich Böll hat diesen Zustand als „Unbehaustsein des Menschen" bezeichnet. Für ihn war das so etwas wie ein Beweis für die Existenz Gottes. „Wir wissen eigentlich alle," so schrieb er einmal, „dass wir hier auf Erden nicht zuhause sind, nicht ganz zuhause, dass wir also woanders hingehören und von woanders herkommen." Böll war davon überzeugt, „dass es sich hier keineswegs um ein bloßes Gefühl handelt, sondern vielmehr um eine uralte Erinnerung an etwas, das außerhalb unserer selbst existiert." Wenn das stimmt, dann ist der Glaube letztlich die Erinnerung an ein verlorenes Zuhause. Diese Erinnerung wachzuhalten, ist die erste Aufgabe der Kirche. Das ist keineswegs mit einer Geringschätzung der Welt verbunden. Die Menschen bleiben aufgerufen, diese Welt zu gestalten - „wie im Himmel so auf Erden". Aber trotz aller Anstrengung werden wir in diesem Leben nirgendwo ganz zuhause sein können. Auch wenn wir uns das noch so sehnlichst wünschen.
Gespürt hat das auch der Apostel Paulus. Er, der so viel unterwegs gewesen ist, hat diese Einsicht in seinem Brief an die Christen von Philippi kurz und bündig zusammengefasst: „Unsere Heimat aber ist im Himmel." (Phil 3,20)

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