SWR3 Gedanken

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„So nimm denn meine Hände und führe mich bis an mein seligs Ende und ewiglich" -das ist ein Kirchenlied. Gern und oft besonders von älteren Menschen gesungen. Als junge Pfarrerin ging das echt gegen mich: Die antiquierte Sprache, dieses „Sich-fügen" in Gottes Willen... das war nichts für mich. Bis mich ein älterer Kollege scharf zurecht gewiesen hat. Ob ich denn überhaupt wüsste, wie viel es den Menschen bedeutete und wie es entstanden sei. Bevor ich mir ein Urteil erlaube, solle ich mich doch erst mal schlau machen.
Also hab ich im Internet gesurft und herausgefunden, wer dieses Lied geschrieben hat: und zwar eine Julie von Kaufmann. Ihre Geschichte war die: Julie ist frisch verlobt. Aber: Ihr Mann geht fort. Es ist das Jahr 1862 und er hat sich schon für ein Leben als Missionar in Afrika entschieden! Julie Kaufmann reist ihm nach, will ihn überraschen. Als sie in Schwarzafrika ankommt, fragt sie sich bis in das Dorf vor. Ganz allein. Sie kommt heil im Dorf an und überquert den Friedhof. Sie sieht ein frisches Grab. Das Grab ihres Verlobten. Erst 29 Jahre jung, ist er gestorben an einer heimtückischen Krankheit. Julie Kaufmann bricht an seinem Grab zusammen mit den Worten: „Mein Gott, warum?" Doch noch am selben Abend setzt sie sich hin und schreibt: „So nimm denn meine Hände und führe mich bis an mein seligs Ende und ewiglich." Keine Wut, kein grausames quälendes „Warum" mehr. Nur noch die Bitte: Mach du's, Gott, führe mich! Diesen schweren Weg kann nicht alleine gehen!
Vielen Menschen spricht dieses Lied aus dem Herzen. Oft sind es ältere Frauen. Sie haben die Wirren des Krieges erlebt, haben ihre Heimat und liebe Menschen verloren. Sie haben erlebt, was Julie Kaufmann schreibt: Wenn ich auch gleich nichts fühle von deiner Macht. Du führst mich doch zum Ziele auch durch die Nacht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10073
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