SWR3 Gedanken

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Unsere Töchter haben sie vor kurzem wieder mit nach Hause gebracht, ihre Halbjahreszeugnisse. Sie wissen jetzt wieder, wo sie in der Schule stehen. Das Zeugnis gibt ihnen darüber unmissverständlich Auskunft. Doch so ein Zeugnis braucht, wie der Name schon sagt, auch einen Zeugen. Einen also, der es ausstellt und der dafür gerade steht, dass es auch stimmt. In der Schule sind das die Lehrer. Später, im Arbeitsleben, dann die Vorgesetzten. Wer je in der Verlegenheit war, einem Mitarbeiter ein Zeugnis schreiben zu müssen, der kann ein Lied davon singen, wie schwer das ist. Möglichst objektiv soll es sein und natürlich wahrheitsgetreu. Trotzdem soll es einem anderen nicht die Zukunftschancen verbauen. Gerade dann, wenn es Grund zur Kritik gibt, wenn er oder sie eben doch nicht so gut war, wie erwartet. Er hat sich stets nach Kräften bemüht, steht dann vielleicht darin und heißt doch nur: Der ist leider kaum zu gebrauchen.
Das jedenfalls dürfte Jesus kaum gemeint haben, als er seinen Freunden auftrug: Ihr sollt meine Zeugen sein. Redet die Wahrheit, aber sagt sie so, dass sie niemand sauer aufstößt? Damit euch jeder freundlich auf die Schulter haut, aber keiner euch so wirklich ernst nimmt? Wohl kaum, sonst wäre er selbst nicht als Unruhestifter hingerichtet worden. Zeuge Jesu sein, ein Zeugnis abgeben über den eigenen Glauben. Gar nicht so einfach ist das. Zeugnis abgeben von dem, was einem selber wichtig ist kann auch heißen, nicht auszuweichen, wenn man gefragt wird. Zu den eigenen Überzeugungen und Hoffnungen dann auch Auskunft zu geben und nicht verschämt zu schweigen. In der Familie, beim Zusammensein mit Freunden oder auch am Arbeitsplatz. Doch wie gesagt: Ein Zeugnis zu schreiben und dafür gerade zu stehen ist schwer. Aber gerade das macht auch ja seinen Ernst und seine Wichtigkeit aus.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10031
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