SWR2 Wort zum Tag

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Montag für Montag - seit nunmehr hundert Wochen - demonstrieren hier in Tübingen, Menschen gegen Kürzungen von Sozialleistungen. Heute Abend wieder, zum 1001.ten Mal.
Einige der Demonstranten kenne ich gut und weiß auch, wie schwer sie sich tun mit Arbeitslosengeld II, mit knapp 350 € im Monat, über die Runden zu kommen.
Wo gehöre ich hin? Leben wir in zwei Welten? Ich mit teuren Bioprodukten, die anderen als Schnäppchenjäger von Sonderangebot zu Sonderangebot? In der Bibel heißt es: „Wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit...“(1. Korinther 12,26) Ist das so? Empfinden wir so? Oder hat sich ein Nebeneinander eingerichtet – von Empörten und Zufriedenen, von Beteiligten und der Restbevölkerung? Wo ist das Gemeinsame? Wo Sympathie, wo so etwas wie Kommunität?
Ein Vorschlag zur ausgleichenden Gerechtigkeit macht immer wieder einmal die Runde: eine Grundversorgung soll her, für alle. Statt Sozialleistungen per Antrag und Bedürftigkeit: Allen eine Existenzsicherung! Wer mehr will, der kann sich um Erwerbsarbeit kümmern. »Jedem das, was er zum Leben braucht.« Das klingt für´s erste menschlich und verteilungsgerecht. Mich hat das Konzept auch fasziniert - bis sich Zweifel eingeschlichen haben. Ist das wirklich ein mündiges Miteinander, wenn Erwerbstätige dauerhaft Lohnarbeitslose verhalten? Oder ist das ein Abschieben in Untätigkeit - mit einem zugebilligten Gandenbrot?
Die Vorstellung von Gemeinschaft und gerechtem Teilen in der Bibel will auf mehr hinaus:
Es heißt einmal: „Ein Glied hängt am andern..., wodurch jedes Glied das andere unterstützt nach dem Maß seiner Kraft.“ (Epheser 4,16). Nicht „alle können alles“ – aber etwas können alle beitragen. Diese Fähigkeiten entdecken und in Anspruch nehmen, das macht ein menschliches Miteinander aus. Es ist an den gestressten Erwerbstätigen und denen mit einem guten Einkommen, Beschäftigung zu teilen und Beschäftigung zu initiieren.
Nicht alles nach Möglichkeit selber machen, sondern Andere das machen lassen, was sie können. Nicht nur Städte und Gemeinden sind gefragt – wo Gärten, Schulen, Plätze Pflege brauchen, sondern auch die privaten Haushalte: Gartenarbeiten, handwerkliche Arbeiten, Renovieren – bis hin zur Nachhilfe. Nicht alle selber machen – Do-it-yourself – sondern mitbedenken: Wer kann mir Arbeiten abnehmen? Mit wem kann ich Arbeit und Einkommen teilen? Danach schauen, wie es in der Bibel heißt, wo und wie „ein jedes Glied das andere unterstützen kann nach dem Maß seiner Kraft.“ (Epheser 4,16) https://www.kirche-im-swr.de/?m=1
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