SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

„Das wäre kein Job für mich,“ sage ich vor mich hin und grabe mich mit den Fußsohlen noch etwas tiefer in den Boden. Oben im Dachgebälk eines Hauses turnen einige Zimmer-leute zwischen Himmel und Erde herum. Mit selbstverständlicher Leichtigkeit und total schwindelfrei – offenbar.
Mich fasziniert das. Und trotzdem: Nix für mich! Ich bekomme ja schon beim Bergsteigen feuchte Hände. Dabei hält mich am Berg doch das Seil.
Hält es mich wirklich? Gut, im Ernstfall bietet es Sicherheit. Aber am Fels hinaufkommen muss ich schon selbst. Den sicheren Griff und Tritt für meine Hände und Füße muss ich alleine finden. Da kenne ich die Erfahrung nur zu gut, wie mich ganz schnell jede Selbstsi-cherheit verlässt. Sich Finger, Hände, Arme, Füße, Beine verkrampfen und nichts mehr geht, weil ich meine, mich nur noch festhalten – wirklich krampfhaft festhalten – zu müs-sen.
Ein Freund sagte mir in den Bergen einmal: „Du hast zuviel Angst und zuwenig Selbstver-trauen. Prompt machst du Fehler: Du greifst daneben oder gerätst in Positionen, die dich viel zuviel Kraft kosten.“
Ist das der Schlüssel – die Angst gegen Selbstvertrauen und Selbstsicherheit einzutau-schen? In den Kopf mag das ganz gut reingehen. Aber wie gelangt die Einsicht in Arme und Beine, Hände und Füße?
Training ist das eine, ausprobieren das andere. Es wird also nur was draus, wenn ich mich solchen Situationen auch aussetze, wo ich meinem Gleichgewichtssinn, meinem festen Griff und sicheren Tritt vertrauen muss. Und wo ich dann allerdings auch die Erfahrung machen kann: Es geht! Ich komme vorwärts. Ich bin sicher. Ich habe es geschafft und bin oben angekommen.
Am Ende habe ich ein wenig Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten gewonnen, vielleicht auch gelernt, eigene Grenzen zu akzeptieren. Aber in jedem Fall bin ich sicherer geworden – innerhalb meiner Grenzen, die ich ausgelotet und in denen ich mich ausprobiert und er-lebt habe.
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