Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Es ist nie zu spät, sein Leben zu ändern.
Das sagt mir eine junge Frau, die bei der Berliner Stadtmission arbeitet.
Darum fährt im Winter der Kältebus der Stadtmission durch Berlin und sammelt Obdachlose auf, damit sie nicht erfrieren.
In der Unterkunft am Lehrter Bahnhof dürfen sie schlafen, duschen und bekommen was zu Essen.
Und sie werden als Gäste behandelt, nicht als Penner.
Das ist der jungen Frau ganz wichtig.
„Wir nehmen auch die dreckigsten, die vollgekackt sind, verlaust, besoffen oder voller Drogen“, sagt die junge Frau und lächelt über mein betroffenes Gesicht. So ist das eben. Diese Menschen gibt es nun mal. Die sind in einer Situation, dass sie noch nicht mal selbst zur Unterkunft laufen können, abends jedenfalls nicht.
„Wenn die Obdachlosen erfrieren, haben wir keine Chance, ihnen beizubringen, wie sie ihr Leben ändern können,“ sagt die engagierte Christin. Ich bewundere ihren Optimismus und frage, ob sie denn auch Erfolg damit hätten. Etwa 10% hätten sie in Wohnungen vermitteln können, einige wenige würden sogar manchmal arbeiten. Die anderen 90% kommen halt im nächsten Winter wieder. Dass es immerhin 10% schaffen, überrascht mich.
Und ich erwische mich dabei, dass ich diese Menschen insgeheim abgeschrieben hatte. „Solange ein Mensch lebt, kann er sein Leben ändern. Dafür ist es nie zu spät“, sagt die Mitarbeiterin. „Und wir versuchen eben, dabei zu helfen, dass der Mensch am Leben bleibt.“ Was für eine Hoffnung! Geboren aus der Liebe zu allen Menschen. „Woher nehmen die Leute die Kraft, ihr Leben zu ändern“, frage ich. Das ist doch schwer. Und ich denke daran, wie schwierig es schon für mich selber ist, etwas in meinem Leben zu ändern. Wenn mir alles so festgefahren erscheint. Die junge Frau sagt:
„Die Menschen müssen das Gefühl bekommen wertvoll zu sein, sich selbst eine Veränderung wert. Das geht uns doch genau so. Natürlich ist das schwieriger, wenn man so tief gesunken ist. Aber es geht. Sieht man ja. Seinen Wert bekommt ein Mensch von Gott.“ Und sie erzählt weiter, dass die Mitarbeiter morgens immer allen Obdachlosen ein Wort mit auf den Weg geben:
„Du gehst nicht allein. Gott ist bei dir.“
https://www.kirche-im-swr.de/?m=61
weiterlesen...