SWR2 Wort zum Tag

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„Heilige Weisheit“ heißt sie übersetzt, die Hagia Sophia.
Heute noch prägt ihre 55 m hohe Kuppel das Stadtbild von Istanbul.
1500 Jahre Geschichte steckt in diesen Steinen, politische Geschichte und Religionsgeschichte.

Unter Kaiser Justinian wurde die Hagia Sofia von 532 bis 537 als größte christliche Kirche der Welt erbaut, in der damals noch ungeteilten Christenheit. Die Stadt, die zu dieser Zeit Konstantinopel hieß, nach dem Kaiser Konstantin benannt, war seit dem 4. Jahrhundert Sitz der römischen Kaiser. Und so war die Hauptkirche der Stadt auch Krönungskirche der Kaiser und damit auch ein politisch bedeutsamer Ort.
Als sich im Jahr 1054 Ostkirche und Westkirche trennten, wurde die Hagia Sophia
zur zentralen Kirche der östlichen Christenheit.
1453 eroberten die Türken Konstantinopel. Sultan Mehmet II. wandelte die Kirche in eine Moschee um. Sie erhielt vier Minarette. Der Innenraum wurde verändert; Ikonen entfernt und Mosaike mit Putz bedeckt. Denn Muslime haben ein anderes Verhältnis zu Bildern. Ihnen ist die Unsichtbarkeit Gottes wichtig.
Nach dem Ende des Osmanischen Reiches und der Ausrufung der Türkischen Republik wandelte der Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk die Moschee in ein Museum um. Das war 1934. Bis heute gibt es den Wunsch, sie wieder zur Moschee oder zu einer christlichen Kirche zu machen.

Hagia Sofia. Kirche der ungeteilten Christenheit, dann: Kirche der Christen des Ostens, Moschee, Museum – welch eine Entwicklung! Vermutlich war es eine weise Entscheidung von Atatürk, die Hagia Sophia aus allen religiösen Streitigkeiten herauszulösen und zu einem neutralen Ort zu machen. Aber kann dieser dichte heilige Ort, wirklich ein neutraler Platz werden? Vielleicht sprechen hier ja die Wände. Vielleicht tragen die Gebete aus 1500 Jahren auch die Menschen, die heute hierher kommen.
Eigentlich wäre diese Kirche wie keine andere geeignet, dass katholische Christen und orthodoxe Christen und Muslime hier Gott verehren, je in ihrer Weise, und dass auch darüber hinaus suchende Menschen hier willkommen wären. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Aber der Papst aus Rom, der die Hagia Sofia besucht, würdigt sie als heiligen Ort.
Und daraus spricht Weisheit. https://www.kirche-im-swr.de/?m=281
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