Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Es war ein reicher Mann, der kleidete sich in Purpur und kostbares Leinen und lebte alle Tage herrlich und in Freuden. Es war aber ein Armer mit Namen Lazarus, der lag vor seiner Tür voll von Geschwüren und hätte so gern von dem gegessen, was von des Reichen Tisch fiel;“

An diese Geschichte aus dem Lukasevangelium musste ich denken, als vorgestern der Mannesmann- Prozess gegen Josef Ackermann und andere eingestellt wurde. Völlig legal, nach derzeit geltendem Gesetz. Viele sind empört, auch wenn die Presse schnell zu anderen Themen wechselte.

Mich erschrecken die Zahlen, die bei der Geschichte genannt wurden. Dass diese 57 Millionen Euro an Prämienzahlungen nicht gegen geltendes Recht verstoßen. Dass ein Josef Ackermann monatlich 1 ½ Millionen Euro verdient, während ein Erwerbsloser mit 345 Euro Regelsatz auskommen muss. Mich erschreckt, wie hilflos unsere derzeitige Gesetzgebung vor dieser ungeheuren sozialen Kluft steht. Obszön nennen manche die Einkünfte der Topmanagergehälter. Aber ab welcher Höhe fängt Obszönität an?

Die Geschichte im Lukasevangelium erzählt, wie der Reiche und Lazarus vor Gott stehen. Dort kehrt sich ihr Schicksal um. Lazarus sitzt in Abrahams Schoß und der Reiche leidet Höllenqualen. „Schick doch den Lazarus“ sagt der Reiche, „dass der meine Qual lindert.“ Aber Abraham antwortet: „Es ist da eine nicht zu überwindende Kluft zwischen ihm und dir.“

Und damit benennt er das eigentliche Problem. Es ist nicht der Reichtum des Reichen. Es ist die Kluft. Dass er zu Lebzeiten nie vor seine Tür getreten ist und sich um den Lazarus gekümmert hat. Das- nicht sein Reichtum- wird ihm zum Verhängnis.

Wer sich heute ähnlich verhält, wer sich mit seinem Reichtum abschottet vor der Armut , der verschließt sich auch vor Gott. Man mag so ein Verhalten unmoralisch oder obszön nennen. Die Bibel nennt es gottlos.

Reichtum wird zum Fluch, wenn er die Kluft zwischen Arm und Reich vergrößert.
Reichtum kann aber auch zum Segen werden. Und das wünsche ich den Herren, die durch das Gerichtsurteil ihre Arbeitsplätze erhalten konnten.
Dass sie helfen, die Kluft, die heute so drastisch vor Augen liegt, zu überwinden. Dann wird auch ein geradezu obszön erscheinender Reichtum zum Segen. https://www.kirche-im-swr.de/?m=266
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